... wir bringen Licht ins Dunkel!
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Die christlichen Apostel*innen

Gibt es auch in der Neuzeit „Apostel“?

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns ein wenig mit der Geschichte des Christentums auseinandersetzen. Und zwar aus christlicher Sicht.

 

Deshalb habe ich mich für diese Unterseite meiner Aufklärungsschrift sehr bemüht, mit den Augen eines Christen auf die Geschichte zu blicken. Als Quelle habe ich die Bibel zu Rate gezogen, da sie die einzige von ALLEN christlichen Konfessionen und deren Abspaltungen als verbindlich anerkannte Grundlage ist.

 

Wenn also von Aposteln – als einem rein christlich/messianischen Amt – die Rede ist, haben wir ausschließlich die Bibel als Referenz. Aus historisch-kritischer Sicht kann man allenfalls die Irrelevanz der biblischen Texte anführen, die aber nichts daran ändern, dass Männer und Frauen, die von den „Anhängern des Weges“ (so nannten sich die später als Christen bezeichneten „Jesus-Follower“ im 1. Jhdt.) allgemein als „Apostel des Herrn“ anerkannt waren, real existiert haben.

 

Schauen wir also in die Bibel und erstellen ein Dossier über den Urapostolat:

1. Die Namen der Apostel

Die Zwölf (laut Evangelien und Apostelgeschichte)

  1. Simon Petrus
  2. Andreas (Bruder von Petrus)
  3. Jakobus, Sohn des Zebedäus
  4. Johannes (Bruder des Jakobus)
  5. Philippus
  6. Bartholomäus (Nathanael)
  7. Matthäus (Levi, der Zöllner)
  8. Thomas
  9. Jakobus, Sohn des Alphäus
  10. Thaddäus (Judas, Sohn des Jakobus)
  11. Simon der Zelot
  12. Judas Iskariot (später durch Matthias ersetzt, Apg 1,26)

Weitere Apostel im NT

  • Matthias (ersetzte Judas Iskariot, Apg 1,26)
  • Paulus (Missionsapostel, 1 Kor 9,1)
  • Barnabas (Apg 14,14)
  • Jakobus, der Bruder Jesu (Gal 1,19)
  • Junia (Röm 16,7, als weibliche Apostelin erwähnt, allerdings umstritten in der Übersetzung)
  • Silas (Silvanus) und Timotheus werden ebenfalls in apostolischer Funktion genannt (1 Thess 1,1; Apg 17,14).

2. Biographische Daten aus der Bibel

  1. Über die Apostel gibt die Bibel nur wenige biographische Informationen. Sie stammen meist aus den Evangelien und der Apostelgeschichte:
  • Petrus: Fischer aus Galiläa, galt als führende Gestalt der Apostel. Starb der Überlieferung nach in Rom als Märtyrer.
  • Johannes: Bruder von Jakobus, einer der „Söhne des Zebedäus“. Nach der Tradition soll er das Johannesevangelium verfasst haben.
  • Matthäus: Ehemaliger Zöllner, dem die Verfasserschaft des Matthäusevangeliums zugeschrieben wird.
  • Thomas: Bekannt durch die Episode des „ungläubigen Thomas“ (Joh 20,24-29).
  • Paulus: Ursprünglich ein Pharisäer namens Saulus, der Christen verfolgte, bevor er sich bekehrte und einer der wichtigsten Missionare wurde.
  1. Zum Geburtsjahr oder Alter des Apostels gibt es in der Bibel tatsächlich keine expliziten Angaben. Dennoch lassen sich einige Rückschlüsse ziehen:
  • Jünger oder ältere Männer?
    Die traditionelle Darstellung als ältere, bärtige Männer stammt aus späteren Kunstwerken und spiegelt eher mittelalterliche Vorstellungen wider. Tatsächlich ist es wahrscheinlicher, dass die meisten Apostel junge Männer waren.
  • Jüdische Bildungstradition:
    Im jüdischen Kontext wurden Männer oft erst mit etwa 30 Jahren als Lehrer oder geistige Autoritäten anerkannt. Jesus selbst begann laut Lukas 3,23 sein Wirken „ungefähr mit 30 Jahren“. Seine Jünger könnten jünger gewesen sein, vielleicht im Bereich von 20 bis 30 Jahren , ähnlich wie bei rabbinischen Schülergruppen.
  • Petrus' Familienstand als Hinweis?
    Petrus hatte eine Schwiegermutter (Mk 1,30), was bedeutet, dass er verheiratet war – für jüdische Männer damals oft mit etwa 18-20 Jahren üblich. Er könnte auch etwas älter gewesen sein als der andere Jünger.
  1. Todesdaten der Apostel

Ab hier und über die folgenden Gliederungspunkte 3. Und 4. bewegen wir uns nicht mehr auf ausschließlich biblischem Boden. Ich muss allerdings einräumen, dass wir uns dabei auf äußerst unsicherem Terrain bewegen, weil es so gut wie keine überprüfbaren Fakten gibt.

  • Märtyrertode der Apostel
    Es gibt viele spätere Berichte über das Schicksal der Apostel, aber nur wenige gesicherte Daten.
    • Petrus: Angeblich unter Nero (ca. 64-68 n. Chr.) in Rom gekreuzigt. Falls er zu Jesu Zeit 25-30 Jahre alt gewesen wäre, wäre er etwa 65-70 Jahre alt geworden .geworden.
    • Paulus: Gleichfalls unter Nero hingerichtet (um 64-67 n. Chr.). Da er zur Steinigung des Stephanus (Apg. 7) anwesend war, muss er damals mindestens 20 gewesen sein – also vielleicht um 60 Jahre alt bei seinem Tod.
    • Johannes: Nach der Tradition als einziger Apostel eines natürlichen Todes gestorben. Er soll bis ins hohe Alter (bis ca. 100 n. Chr.) gelebt haben.
  • Frauen als Apostel – Alter? Falls Junia wirklich eine Apostelin war (Röm 16,7), wissen wir nichts über ihr Alter. Die frühen Missionare konnten aber durchaus jünger sein als oft angenommen.

Die Vorstellung von den Aposteln als bärtige Greise ist eine spätere Überlieferung. Wahrscheinlich waren die meisten Apostel zur Zeit Jesu zwischen 20 und 35 Jahren alt . Ihr tatsächliches Alter bleibt jedoch spekulativ, da es in den biblischen und historischen Quellen keine genauen Angaben gibt.

3. Wirkungsregionen der Apostel

Die Apostel waren in verschiedenen Gebieten tätig:

  • Petrus: Jerusalem, Antiochia, Rom
  • Paulus: Kleinasien, Griechenland, Rom
  • Thomas: Überlieferung zufolge bis nach Indien
  • Johannes: Ephesus (Traditionell mit der Offenbarung verbunden)
  • Jakobus (Bruder Jesu): Führungsrolle in der Jerusalemer Urgemeinde

4. Historische Fakten über die Apostel

Die historische Forschung steht vor der Herausforderung, mythologische Überlieferungen von belegbaren Fakten zu trennen. Einige Erkenntnisse:

  • Petrus in Rom? Archäologische Hinweise deuten darauf hin, dass Petrus in Rom hingerichtet wurde, aber keine gesicherten Beweise.
  • Paulus‘ Briefe gelten als authentische historische Quellen, während die Apostelgeschichte stark theologisiert ist.
  • Frauen als Apostelinnen? Die Erwähnung von Junia in Röm 16,7 deutet darauf hin, dass Frauen apostolische Autorität hatten, was später von der Kirche unterdrückt wurde.
  • Märtyrertod der Apostel? Die meisten Überlieferungen über das Martyrium der Apostel entstammen spätere christlichen Legenden, historisch gesicherte Berichte fehlen oft.

5. Legitimation der Apostel

Die Bezeichnung „Apostel“ (griechisch: apostolos = Gesandter) wurde im Neuen Testament für die zwölf engsten Jünger Jesu sowie für einige weitere Personen verwendet, die als Missionare des christlichen Glaubens galten. Die Legitimation erfolgte auf verschiedene Weise:

  • Berufung durch Jesus: Die zwölf Apostel wurden laut Evangelien direkt von Jesus berufen (Mk 3,13-19; Mt 10,1-4; Lk 6,12-16).
  • Zeugen der Auferstehung: Die Apostel mussten nach apostolischer Tradition Augenzeugen der Auferstehung Jesu sein (Apg 1,21-22).
  • Besondere Sendung durch den Heiligen Geist: Nach dem Pfingstereignis sahen sich die Apostel als Träger göttlicher Autorität (Apg 2).
  • Nachträgliche Ernennung: Paulus bezeichnete sich selbst als „Apostel der Heiden“, obwohl er nicht zu den ursprünglichen Zwölfen gehörte. Er beanspruchte seine Legitimation direkt von Christus (Gal 1,1).

6. Apostel in der Neuzeit?

Bis zur vorigen Textposition müssten alle Christen mit mir übereinstimmen. Ab hier wird’s aber schwierig für die diversen Christengemeinschaften, die behaupten, bei ihnen würden Apostel wirken:

  • Die mit mehr als 17 Millionen Mitgliedern größte davon ist die 1820 entstandene „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)“ mit Sitz in Salt Lake City (USA)
  • Wesentlich kleiner sind die Abspaltungen von Abspaltungen der etwa 1832 entstanden „Katholisch Apostolischen Gemeinden (KAG)“. – Die größte „Urenkel“-gemeinschaft der KAG ist die 1897 entstandene „Neuapostolische Kirche (NAK)“ mit ca. 9 Millionen Mitgliedern
  • Außerdem existieren einige evangelikale Gruppierungen die auf Gemeindeebene das Amt eines Apostels kennen.

Allen heute existierenden apostolischen Gemeinschaften ist gemeinsam, dass deren Apostolate über keine hinreichende Legitimation verfügen. Andere Legitimationen als die unter 5. genannten gibt es im Christentum nicht.
Das heißt: Wenn nicht nachweisbar ist, dass es zu einem entsprechend legitimierenden Ereignis gekommen ist, kann ein initial-legitimiertes Apostelamt nicht entstanden sein.

 

Das heißt, dass die entsprechenden Funktionäre sich zwar Apostel nennen, aber nicht wirklich Apostel im urchristlich-biblischen Sinn sind.
Anders verhält es sich mit dem Bischofsamt, das sozusagen von den Aposteln „gestiftet“ und durch die sog. apostolische Sukzession bis heute in den „großen“ Kirchen fortgeführt wird.

7. Zwischenbefund

Die Bibel zeichnet ein idealisiertes Bild der Apostel, außerbiblische Quellen liefern nur wenige überprüfbare historische Fakten. Dennoch lassen sich in den Apostelbiographien, gewisse Missionsbewegungen und Einflüsse auf die frühe Kirche nachvollziehen. Paulus ist dabei die historisch am besten greifbare Gestalt, und ganz ohne Zweifel hat er den größten Einfluss auf die Evangelien gehabt. Authentische Worte Jesu sind hingegen marginal.

 

Ergo: Um heute die Kirchenlehre einer christlichen Konfession aus theologischer Sicht zu beurteilen, bleibt letztlich ausschließlich die Autorität des „Mythenschmieds“ Paulus. Und das wollen wir jetzt am Beispiel der Neuapostolischen Kirche überprüfen.

Wie bibeltreu ist die NAK-Lehre?

Greifen wir uns einen zentralen Aspekt der NAK-Lehre heraus: Die Parusie, also das „Dabeisein bei der endzeitlichen Wiederkunft Jesu Christi“, auf die hin das Leben der neuapostolischen Christen ausgerichtet ist. Das gesamte im Katechismus der Neuapostolischen Kirche beschriebene Lehrgebäude, alle kirchlichen Sakramente und Handlungen sind darauf ausgerichtet, würdig zu sein am Tag des Herrn.

 

Natürlich… das klingt erst einmal nach einer hohlen Phrase… „Tag des Herrn“ – wie hat man sich das vorzustellen?

 

Bereits im ersten Jahrhundert (seitdem stehen die Christen in der Naherwartung der Wiederkunft) herrschte Unsicherheit darüber, wie man sich die Wiederkunft Christi vorzustellen habe. Und da man – immerhin lag der Tod ihres Messias schon 20 Jahre zurück – sich Sorgen wegen der zwischenzeitlich verstorbenen Glaubensgenoss*innen machte, hat Paulus ziemlich exakt beschrieben, wie die Christen sich die von ihnen propagierte Wiederkunft des Messias vorzustellen haben. Ein Blick in 1. Thess. 4:13-17:

Von der Auferstehung der Toten (nach Paulus)

„[…] 13 Wir wollen euch aber, Brüder und Schwestern, nicht im Ungewissen lassen über die, die da schlafen, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. 14 Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen. 15 Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zum Kommen des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. 16 Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Ruf ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und die Toten werden in Christus auferstehen zuerst. 17 Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft. Und so werden wir beim Herrn sein allezeit. 18 So tröstet euch mit diesen Worten untereinander. […]“  

 

Quelle: https://www.bibleserver.com/LUT/1.Thessalonicher4%2C13-17

 

Und genau diese Lesart hat auch die Neuapostolische Kirche in ihre „Lehre von den zukünftigen Dingen“ übernommen... – Sie haben sogar ziemlich dezidiert beschrieben, wie man sich diese „Entrückung“ vorzustellen hat.
Dieser Abschnitt des NAK-Katechismus ist sehr interessant und ziemlich unterhaltsam zu lesen:

 

https://nak.org/de/kennenlernen/katechismus?id=642f87b1-e392-4f35-be4d-f542d712461d

 

Den Text aus dem ersten Thessalonicherbrief finden wir in Abschnitt 10.1.2 – Von daher ist also (wohlgemerkt: aus christlicher Sicht) alles in Ordnung. Die Lehre stimmt mit der Quellenlage überein… -  N O C H !!

Denn jetzt kommt die Probe aufs Exempel:

Heutzutage, also rund 1.975 Jahre (oder 66. Generationen) nach dem ersten Thessalonicherbrief scheint die Naherwartung – zumindest den Neuapostolischen Christen – etwas zu lange zu dauern. Und so, wie Paulus das beschreibt scheinen die Kirchenmitglieder das auch nicht mehr glauben zu wollen.

 

Aber Paulus ist nun einmal DIE Autorität. Nach ihm wurde kein weiterer Apostel legitimiert… Was Paulus geschrieben hat, MUSS Gültigkeit haben.

 

Und doch hat der aktuelle NAK-Stammapostel, Jean-Luc Schneider, am 22. Dez. 2024 in Stuttgart eine etwas abweichende Lesart gepredigt:

 

Die Wiederkunft Christi sei zwar real, es werde genauso passieren, wie Jesus es gesagt habe – aber ganz anders, als wir uns das vorstellten. Es lohne sich nicht, Zeit mit Spekulationen über das Wann, Wo und Wie zu verschwenden.

(Quelle: https://nac.today/de/alles-genau-so-aber-ganz-anders/)

 

Und das wirft Fragen auf!

 

Da ja das „WIE“ im Thessalonicher-Brief beschrieben ist, und das „WO“ sich daraus ergibt, dass das Christentum universal vertreten ist, bleibt ausschließlich dass „WANN“ offen.

Warum das stammapostelige Geschwurbel?

Noch etwas fällt in der Stuttgart-Predigt auf: Woher hat  J.-L. Schneider die von ihm zitierte wörtliche Rede Jesu?

 

„Ich komme bald. Ich komme als der Sohn Davids, um die Feinde zu überwinden, die Treuen zu retten, um sie zu weiden, alle ihre Mängel zu beheben, um Recht und Gerechtigkeit zu schaffen.“

 

Man könnte argumentieren, dass diese wörtliche Rede zwar nicht direkt aus einer spezifischen Bibelstelle stamme. Sie fasse jedoch verschiedene biblische Verheißungen und Charakterisierungen des „Messias“ zusammen. Denn in der Bibel gibt es zahlreiche Stellen, die ähnliche Aspekte betonen:

  • „Ich komme bald“: Diese Formulierung findet sich mehrfach in der Offenbarung des Johannes, insbesondere in Offenbarung 22,7.12.20, wo Jesus seine baldige Wiederkunft ankündigt.
  • „Ich komme als der Sohn Davids“: Diese Bezeichnung verweist auf die messianische Abstammung Jesu aus dem Hause Davids, wie sie in Matthäus 1,1 und Römer 1,3 betont wird.
  • „Um die Feinde zu überwinden“: In 1. Korinther 15,25-26 wird beschrieben, dass Christus herrschen muss, bis alle Feinde unter seine Füße gelegt sind, wobei der letzte Feind der Tod ist.
  • „Um die Treuen zu retten“: Johannes 14,3 enthält die Verheißung Jesu, dass er wiederkommen und die Gläubigen zu sich nehmen wird.
  • „Um sie zu weiden“: In Johannes 10,11 bezeichnet sich Jesus selbst als der gute Hirte, der seine Schafe kennt und für sie sorgt.
  • „Alle ihre Mängel zu beheben“: Offenbarung 21,4 spricht davon, dass Gott alle Tränen abwischen und es keinen Tod, kein Leid und keinen Schmerz mehr geben wird.
  • „Um Recht und Gerechtigkeit zu schaffen“: Jesaja 9,6-7 prophezeit einen Herrscher, der auf dem Thron Davids sitzt und sein Reich mit Recht und Gerechtigkeit führt.

 

Es ist also durchaus möglich, dass Stammapostel Schneider in seiner Predigt diese verschiedenen Schriftstellen zusammengefasst hat, um die umfassende Mission und Verheißung Jesu bei seiner Wiederkunft zu verdeutlichen. Solche Zusammenfassungen sind in NAK-Predigten nicht unüblich, um zentrale Glaubensinhalte prägnant zu vermitteln. – Aber sind sie auch legitim?

 

Aus historisch-kritischer Sicht ist es höchst fragwürdig ist, dass die von Schneider als "wörtliche Rede Jesu" präsentierten Aussagen überhaupt auf den historischen Jesus zurückgehen könnten:

  1. Die Evangelien als spätere Konstruktionen:
    Die synoptischen Evangelien und die Johannesoffenbarung stammen aus unterschiedlichen Traditionen und wurden erst Jahrzehnte nach dem Tod des historischen Jesus verfasst. Zudem sind sie theologisch geprägt und reflektieren die Glaubensüberzeugungen der jeweiligen Gemeinde, die sie verfasste. Dass Jesus exakt so gesprochen hätte, ist also unbewiesen und unwahrscheinlich.
  2. Jesaja als Prophetie auf Jesus?
    Jesaja 9,6-7 bezieht sich kontextuell auf einen davidischen Herrscher in der damaligen Zeit (vermutlich Hiskia). Die christologische Interpretation ist eine nachträgliche Deutung, die erst im Neuen Testament vorgenommen wurde.
  3. Das paulinische Verdikt gegen neue Lehren:
    Paulus macht in Galater 1,8-9 eine bemerkenswerte Aussage:
    "Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas anderes als Evangelium verkündigte als das, was wir euch verkündet haben, der sei verflucht!"
    Das bedeutet, dass jegliche nachträglichen Erweiterungen oder Neuformulierungen, die nicht auf die ursprüngliche apostolische Verkündigung zurückgehen, nach paulinischem Maßstab unzulässig wären.

 

Wenn Schneider eine wörtliche Rede Jesu konstruiert, die aus nicht-authentischen, nachträglichen Überlieferungen stammt, widerspricht das streng genommen nicht nur dem historischen Jesusbild, sondern auch dem Maßstab des Paulus selbst.


Das ist theologisch brisant, denn die NAK beruft sich ja auf die Aposteltradition – kann also schwerlich erklären, warum ihr eigener Stammapostel etwas predigt, das Paulus nachweislich ausgeschlossen hätte.

Könnte es sein, dass die NAK bewusst eine flexiblere Theologie betreibt, um ihre Lehre an aktuelle Bedürfnisse anzupassen, ohne es explizit als Lehränderung zu deklarieren?

Rückt die NAK von der Bibel ab?

Das ist durchaus möglich, wie uns ein Blick in den NAK-Katechismus und die entsprechenden „Leitgedanken-Sondernummern“ verraten: Demzufolge hat der je amtierende Stammapostel die Schlüsselvollmacht inne, die ihn berechtigt, bisher im Bibeltext (sozusagen zwischen den Zeilen) verborgene Inhalte herauszuarbeiten und zu verbindlicher Lehre zu erheben.

 

Damit stellt man ihn auf jeden Fall über die Autorität des Paulus von Tarsus.

 

Und das ist ein äußerst brisanter Punkt! Denn wenn die Neuapostolische Kirche (NAK) ihrem Stammapostel eine derartige Schlüsselvollmacht zuspricht, dann hat das weitreichende theologische Konsequenzen – vor allem in Bezug auf die Autorität der Bibel und die apostolische Verkündigung.

1. Stammapostel über Paulus?

Paulus von Tarsus war nicht nur der früheste Theologe des Christentums, sondern auch jemand, der explizit festlegte, dass sein Evangelium nicht verändert werden dürfe:

 

Kein anderes Evangelium als das von Christus

„[…] 6 Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasst von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, zu einem andern  Evangelium, 7 obwohl es doch kein andres gibt. Es gibt nur einige, die euch verwirren und wollen das Evangelium Christi verkehren. 8 Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würden, das anders ist, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht. 9 Wie wir eben gesagt haben, so sage ich abermals: Wenn jemand euch ein E
vangelium predigt, anders als ihr es empfangen habt, der sei verflucht. […]"

vgl. Galater 1:6-9 - https://www.bibleserver.com/LUT/Galater1%2C6-9

 

Wenn nun der Stammapostel der NAK sich das Recht herausnimmt, „verborgene Wahrheiten“ aus der Bibel herauszuarbeiten und als verbindlich zu lehren, dann stellt er sich damit de facto über Paulus.


Das wäre eine bemerkenswerte Hierarchisierung der Autoritäten:

  • Der Stammapostel hat offenbar eine höhere Erkenntnis als die Ur-Apostel und Paulus.
  • Die Bibel wird nicht mehr als normative, feststehende Grundlage betrachtet, sondern als ein Text, aus dem der Stammapostel neue Wahrheiten extrahieren kann.

2. Die „Schlüsselvollmacht“ als Legitimationsinstrument

Die NAK beruft sich vermutlich auf Matthäus 16,19, wo Jesus zu Petrus sagt:

 

„Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das soll auch im Himmel gelöst sein.“

 

Die katholische Kirche sieht in diesem Vers die Grundlage für das Papsttum – die NAK wendet ihn nun auf ihren Stammapostel an und fasst gleichzeitig die Definition dieser Aussage wesentlich weiter.

 

Das bedeutet im Klartext: Der Stammapostel kann Lehrfragen nach eigenem Ermessen entscheiden.

 

Das erinnert stark an das römisch-katholische Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit, nur dass es hier nicht auf ein Konzil oder die Tradition gestützt wird, sondern auf eine sehr exklusive (aber nicht legitimierte!) apostolische Sukzession innerhalb der NAK.

3. Was bleibt von der biblischen Grundlage?

Wenn die Lehre eines Stammapostels höheres Gewicht als die biblischen Texte hat, dann kann sich die NAK faktisch jede gewünschte Lehränderung erlauben, ohne sie vor dem Bibeltext rechtfertigen zu müssen.

 

Ein solcher Ansatz ist nicht nur problematisch in Bezug auf die „Heilige Schrift“ der Christen, sondern auch auf die gesamte Kirchengeschichte. Schließlich wäre die gesamte theologische Tradition – angefangen bei Paulus, über die Kirchenväter bis hin zur Reformation – untergeordnet oder sogar irrelevant.

 

Fazit:
Schrittweise Loslösung von der biblischen Überlieferung!

 

Das Vorgehen erinnert an eine Strategie der schleichenden Lehrentwicklung:

  • Während offiziell immer noch an traditionellen Bibelstellen festgehalten wird,
  • erhält der Stammapostel die Deutungshoheit über ihre wahre Bedeutung.
  • Dadurch kann er theologische Anpassungen vornehmen, ohne von einer Lehränderung sprechen zu müssen.

Was wir hier beobachten, könnte also die allmähliche Transformation der NAK-Lehre sein, ohne dass die Mitglieder es direkt als Bruch mit der Tradition wahrnehmen. Die heikle Frage lautet also:

 

➡️ Wenn der Stammapostel heute neue Wahrheiten „aus dem Bibeltext herausarbeitet“, was hält ihn dann davon ab, morgen etwas völlig anderes zu lehren?

Diese website ist sehr umfangreich. Deshalb hier eine kleine Hilfe, wenn Du nach einem speziellen Schlagwort suchst:

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