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Wie das Volk Israel                 nach Ägypten kam

Eine kurze Zusammenfassung:

Die Geschichte von Josef, wie sie in 1. Mose 37 bis 1. Mose 50 erzählt wird, ist eine der bekanntesten (und wie ich meine: schönsten) Erzählungen der Bibel. Sie handelt von einem jungen Mann namens Josef, der von seinen elf Brüdern gehasst wird, weil er der Liebling seines Vaters Jakob (der Dritte der Urväter) ist. Josef träumt davon, dass sich seine Familie eines Tages vor ihm verbeugen wird, und diese Träume sorgen für noch mehr Neid bei seinen Brüdern.

 

Die Brüder beschließen, Josef loszuwerden. Zunächst wollen sie ihn töten, aber stattdessen verkaufen sie ihn an eine Karawane, die nach Ägypten reist. Josef landet als Sklave im Haus eines ägyptischen Beamten namens Potifar. Trotz vieler Rückschläge, darunter eine falsche Beschuldigung und Gefängniszeit, steigt Josef später zum zweithöchsten Mann in Ägypten auf, weil er die Träume des Pharaos deuten kann. Unter seiner Verwaltung bereitet sich Ägypten auf eine schwere Hungersnot vor.

 

Während der Hungersnot kommen Josefs Brüder nach Ägypten, um Getreide zu kaufen, ohne zu wissen, dass Josef nun ein wichtiger Mann ist. Nach einer Reihe von Tests, in denen Josef die Reue seiner Brüder prüft, offenbart er seine Identität. Die Familie wird wiedervereint, und Josef holt seinen Vater Jakob und den Rest der Familie nach Ägypten.

 

Am Ende der Geschichte stirbt Jakob, und die Brüder fürchten, dass Josef sich nun an ihnen rächen könnte. Doch Josef vergibt ihnen und sagt: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“ (1. Mose 50,20). Die Geschichte endet mit dem Tod Josefs in Ägypten.

Eine Analyse dieser Novelle:

Die Funktion der Josefsgeschichte

Die Josefsgeschichte ist mehr als nur eine spannende Familiengeschichte. Sie dient als literarische Brücke, um die Verbindung zwischen den Erzählungen der Patriarchen (Abraham, Isaak und Jakob) und der späteren Exodusgeschichte herzustellen. Die Geschichte erklärt, wie die Israeliten überhaupt nach Ägypten kamen – ein zentraler Punkt, um den Ausgangspunkt der Exodus-Erzählung zu schaffen.

 

Interessant ist, dass die Bibel bereits zuvor Ägypten ins Spiel bringt: Abraham zieht wegen einer Hungersnot nach Ägypten (1. Mose 12,10). Das Motiv der Migration nach Ägypten wegen einer Hungersnot wiederholt sich also in der Josefsgeschichte. Diese Wiederholungen deuten darauf hin, dass die Geschichten nicht unabhängig voneinander entstanden sind, sondern später miteinander verwoben wurden, um eine einheitliche Erzählung zu schaffen.

Historische Hintergründe

Die Josefsgeschichte spiegelt vermutlich keine historischen Ereignisse wider, sondern ist eine literarische Komposition. Archäologische und historische Forschungen liefern keine Belege für Josef als historische Figur oder für die in der Geschichte beschriebenen Ereignisse. Vielmehr dürfte die Erzählung als eine Art „Nationalmythos“ entstanden sein, um die Identität der Israeliten zu stärken.

 

Interessant ist auch die Parallele zu altägyptischen Geschichten. Josef als Traumdeuter erinnert an ägyptische Texte wie die Geschichte von Sinuhe oder die Erzählungen über den Aufstieg von Fremden am Pharaonenhof. Diese Ähnlichkeiten könnten darauf hinweisen, dass die Josefsgeschichte von ägyptischen Vorbildern inspiriert wurde.

Motive und Botschaften

Die zentrale Botschaft der Geschichte ist die Vorsehung: Alles, was geschieht, liegt in Gottes Plan. Dies wird vor allem in Josefs Aussage „Gott gedachte es gut zu machen“ (1. Mose 50,20) deutlich. Für eine kritische Lesart ist jedoch wichtig, zu erkennen, dass diese Deutung nachträglich über die Geschichte gelegt wurde. Die Handlung selbst zeigt, dass menschliches Handeln und Zufälle eine ebenso große Rolle spielen.

 

Das Motiv der Vergebung ist ein weiteres zentrales Thema. Doch auch hier kann kritisch gefragt werden: Wurde Josef wirklich großherzig, oder hatte er durch seine Machtposition nichts zu befürchten? Die Tests, denen er seine Brüder unterzieht, können als Manipulation interpretiert werden.

Religiöse und moralische Lehren

Für viele Gläubige bietet die Josefsgeschichte wichtige Lehren über Vertrauen in Gott, Vergebung und Beharrlichkeit. Doch für eine wissenschaftlich-kritische Betrachtung ist es ebenso wichtig, die erzählerischen Konstruktionen zu entlarven. Die Geschichte zeigt eine idealisierte Welt, in der alles letztlich „zum Guten“ geführt wird – eine Vorstellung, die mit der Realität meist nicht übereinstimmt.

Die Bedeutung der Träume

Josefs Träume und deren Deutungen spielen eine zentrale Rolle. Träume galten in der Antike oft als Botschaften der Götter. In der Josefsgeschichte werden sie als Mittel genutzt, um Josefs Aufstieg und die späteren Ereignisse zu rechtfertigen. Doch auch hier stellt sich die Frage: Waren diese Träume wirklich prophetisch, oder wurden sie von den Autoren nachträglich eingebaut, um die Geschichte spannender zu machen?

Fazit:

Die Josefsgeschichte ist ein Meisterwerk antiker Literatur, das mit Themen wie Macht, Familie und Vergebung spielt. Doch aus einer historisch-kritischen Perspektive zeigt sich, dass die Erählung kaum als Tatsachenbericht betrachtet werden kann. Vielmehr ist sie ein kunstvoll konstruierter Mythos, der der israelitischen Identität diente und die Verbindung zwischen verschiedenen Erzählungen herstellte.

 

Für junge Menschen ist es wichtig zu verstehen, dass biblische Geschichten oft mehr mit Symbolik und Kulturgeschichte zu tun haben als mit historischen Fakten. Sie können spannend und lehrreich sein, aber sie sollten auch kritisch hinterfragt werden, um ihren tatsächlichen Gehalt zu erkennen.

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