Die Geschichte ist ziemlich bekannt: Petrus, einer der engsten Freunde von Jesus, verspricht ihm bei der Gefangennahme die Treue – doch kurze Zeit später behauptet er drei Mal, dass er Jesus gar nicht kennt. Dann kräht ein Hahn, Petrus erschrickt, erinnert sich an Jesu Warnung und beginnt zu weinen.
Diese Szene wird in der Bibel viermal erzählt – in den Evangelien nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes. Weil das so oft wiederholt wird, denken manche: Das muss wohl wirklich passiert sein. Aber ganz so einfach ist das nicht.
Aus heutiger Sicht ist es nicht sicher, ob die Geschichte wirklich genau so stattgefunden hat. Forscherinnen und Forscher, die sich kritisch mit der Bibel beschäftigen, sagen:
Das heißt: Die Geschichte wurde überliefert, ausgeschmückt und weiterentwickelt, damit sie gut in die Gesamterzählung über Jesus passt.
Ob sie nun genau so passiert ist oder nicht – die Geschichte hat eine klare Botschaft. Und genau deswegen wurde sie wohl so oft erzählt.
In manchen Kirchen oder religiösen Gruppen wird die Geschichte gezielt eingesetzt, um Menschen unter Druck zu setzen. Zum Beispiel:
„Wer sich nicht öffentlich zur Kirche bekennt, ist wie Petrus – ein Verleugner!“
So ähnlich wurde das früher in der Neuapostolischen Kirche gesagt – besonders in der sog. Botschaftszeit und nach der Machtergreifung durch Walter Schmidt, als dort große Angst vor dem „Verlassenwerden bei der Wiederkunft Christi“ verbreitet wurde. Wer sich für seine Kirchenmitgliedschaft schämte, wurde mit Petrus verglichen – und das klang dann wie ein schwerer Fehler oder sogar Verrat.
Solche Vergleiche machen emotionalen Druck – und sie sind nicht fair. Menschen dürfen Zweifel haben, Angst empfinden oder kritisch denken, ohne dass man ihnen gleich „Verleugnung“ vorwirft.
Die Geschichte von Petrus’ Verleugnung ist wahrscheinlich nicht eins zu eins so passiert, wie sie erzählt wird. Aber sie hatte eine wichtige Funktion in den ersten Christengemeinden – und wird bis heute in vielen Kirchen benutzt, um etwas zu vermitteln.
Ob das immer sinnvoll, ehrlich oder hilfreich ist, sollte man kritisch hinterfragen – gerade dann, wenn solche Geschichten in Kinderzeitschriften auftauchen.