Was für ein Tag für die Christenheit! Rom jubelt, der Petersdom hallt wider vom „Habemus Papam“, und Leo XIV zeigt sich den Gläubigen. Die weiße
Rauchwolke ist kaum verzogen, da steht er auch schon da – im frisch gebügelten Ornat.
Doch eine unscheinbare Dogmenklaue aus der neuapostolischen Schmiede trübt den Weihrauchduft empfindlich: der fünfte Glaubensartikel.
Nur von Aposteln? Ja, richtig gelesen. In der Logik des neuapostolischen Katechismus bedeutet das: Kein Amt in der Weltkirche ist gültig, es sei denn, es wurde von einem neuapostolischen Apostel übertragen. Punktum. Alles andere ist – mit Verlaub – ein unkanonischer Eiertanz.
Damit wird’s für Papst Leo XIV problematisch. Denn wer hat ihn eingesetzt? Kardinäle. Wer hat die Kardinäle ernannt? Sein Vorgänger, auch kein NAK-Apostel. Und damit steht die ganze römisch-katholische Amtsabfolge – immerhin mit 1,3 Milliarden Anhängern – aus neuapostolischer Sicht auf tönernen Füßen:
Ein einfaches Schreiben an die Zentrale der Neuapostolischen Kirche mit der Bitte um apostolische Assistenz hätte genügt. Ein Kurier nach Zürich – und schon wäre Leo XIV durch einen echten, gottbevollmächtigten Apostel eingesetzt worden. - So aber bleibt sein Pontifikat aus NAK-Sicht ein tragischer Fall von Selbsternennung.
Man darf gespannt sein, ob Leo XIV in seinem nächsten Urbi et Orbi erklärt:
„Ich danke den neuapostolischen Brüdern für ihre Nachsicht – und warte demütig auf die gültige Einsetzung.“
Die Realität ist natürlich eine andere: Beide Kirchen leben in ihren je eigenen Dogmenblasen. Doch während die römische Kurie wenigstens den Anschein historischer Selbstkritik wahrt, kapselt sich die NAK in einem innerkirchlichen Weltbild ab, das zwischen apostolischer Selbstverherrlichung und konfessioneller Realitätsverweigerung pendelt.
Wer anderen Kirchen die Amtsgültigkeit abspricht, sollte sich nicht wundern, wenn die eigene Relevanz in der pluralistischen Gesellschaft schrumpft wie ein Schneemann in der Sonne.
Der fünfte Glaubensartikel der Neuapostolischen Kirche (NAK) wirkt im Jahr 2025 wie ein Gruß aus einem sakralen Paralleluniversum.
Oder – etwas prosaischer – wie ein theologischer Schildbürgerstreich mit Ökumene-Allergie.