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Wenn Du etwas über das Licht der Welt erfahren möchtest – also über die Grundlage von Sternen, Galaxien und letztlich auch des Lebens –, dann kannst Du das in einem guten Wissenschaftsvideo sehr viel besser als in einer Kirche.
In dem folgenden Video wird gezeigt, wie Licht im Chaos des Urknalls entsteht und beginnt, den Kosmos zu strukturieren. Es geht darum, wie aus einfachen physikalischen Bedingungen komplexe Formen hervorgehen – und welche überraschenden Eigenschaften Licht dabei hat. Das ist natürlich nur grob zusammengefasst, aber es vermittelt einen realistischen Eindruck davon, was wir heute über das Universum wissen:
Bevor wir darauf zurückkommen, lass uns einen kleinen gedanklichen Ausflug machen – in die Erkenntnistheorie (Epistemologie) und die Philosophie des Bewusstseins.
Bist Du Dir absolut sicher, dass Du existierst?
Und dass die Welt, in der Du lebst, wirklich „da draußen“ ist?
Der Philosoph René Descartes formulierte dazu einen berühmten Satz:
„Cogito ergo sum“ – „Ich denke, also bin ich.“
Sein Gedanke war folgender: Selbst wenn alle Sinneswahrnehmungen Täuschungen wären, bleibt eine Tatsache unumstößlich bestehen – dass da jemand ist, der zweifelt und denkt. Dieses Denken selbst ist der Beweis der eigenen Existenz als bewusstes Wesen.
Aber was ist eigentlich dieses „Denken“?
Philosophen wie Descartes oder Hegel verstanden darunter nicht nur logisches Schlussfolgern, sondern alles, dessen Du Dir unmittelbar bewusst bist: zweifeln, wollen, fühlen, erinnern, vorstellen. Spätere Denker wie Brentano und Husserl haben das weiter präzisiert:
Denken ist niemals leer. Es ist immer auf etwas gerichtet.
Egal ob Du über eine Matheaufgabe nachdenkst, einen Schmerz spürst oder Dich an etwas erinnerst – Dein Bewusstsein ist immer auf einen Inhalt bezogen. Dadurch entsteht Selbstbewusstsein.
Wichtig ist: Du denkst nicht zuerst und schließt dann logisch „aha, dann existiere ich wohl“.
Deine Existenz ist im Akt des Denkens bereits enthalten.
Selbst wenn Du versuchen würdest zu beweisen, dass Du gar nicht existierst, müsstest Du für diesen Versuch existieren.
Philosophen sprechen hier von phänomenaler Präsenz:
Du erlebst Deine Gedanken immer aus der ersten Person heraus. Du kannst Dich über Inhalte täuschen („Dort steht ein Baum“), aber nicht darüber, dass Du gerade etwas erlebst.
Ob daraus folgt, dass es eine unsterbliche Seele oder ein dauerhaft gleichbleibendes „Ich“ gibt, ist eine andere Frage.
Aber dass in diesem Moment etwas da ist, das wahrnimmt und denkt, ist die sicherste Erkenntnis, die wir Menschen haben.
Fast alles andere, was wir wissen – über Geschichte, Natur oder das Universum – gilt in der modernen Erkenntnistheorie als fallibel. Das heißt: Es ist nach bestem Wissen sehr gut begründet, kann aber theoretisch durch neue Erkenntnisse verbessert oder korrigiert werden.
Es gibt zum Beispiel keinen streng logischen Beweis dafür, dass die Außenwelt existiert und nicht nur eine Konstruktion unseres Gehirns ist.
Aber es gibt sehr gute Gründe, sie für real zu halten:
Der Philosoph Kant erklärte das so: Wir alle verfügen über ähnliche Grundstrukturen der Erkenntnis, wodurch die Welt für uns gemeinsam „objektiv“ wird – auch wenn wir das „Ding an sich“ nie vollständig erfassen können.
Die Neurowissenschaft bestätigt: Unser Gehirn konstruiert Wahrnehmungen aus Sinnesreizen. Wir sehen die Welt nicht 1:1, sondern interpretieren elektrische Signale.
Aber diese Konstruktionen beruhen auf realen physikalischen Reizen einer existierenden Außenwelt.
Deshalb ist die Annahme einer realen Welt die beste Erklärung für die Stabilität, Komplexität und gemeinsame Teilbarkeit unserer Erfahrungen.
Genau so funktioniert Wissenschaft:
Sie sammelt Erfahrungen, vergleicht sie, überprüft Erklärungen und entwickelt daraus einen vorläufigen Konsens. Dieser Konsens ist nie endgültig – aber er wird mit jeder neuen Erkenntnis präziser.
Frühere Weltbilder waren nicht einfach „Unsinn“. Sie waren der damalige Erkenntnisstand.
Und wir wissen heute, welche Annahmen sich als falsch erwiesen haben.
Unsere Vorfahren verfügten über erstaunlich viel Wissen über die Natur. Sie kannten – ohne den Begriff zu verwenden – die Phänologie: die regelmäßigen Abläufe von Blüte, Fruchtreife, Tierverhalten und Jahreszeiten. Sie beobachteten Zusammenhänge mit Wetter und astronomischen Ereignissen.
Was sie nicht kannten, waren die zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen.
Dass sie diese Vorgänge handelnden Wesen zuschrieben – Göttern –, ist aus ihrer Perspektive nachvollziehbar. So entstanden weltweit ähnliche Göttervorstellungen: sehr menschliche Figuren mit übermenschlichen Kräften.
Mit wachsendem Wissen verloren diese Götter ihre Erklärungskraft.
Heute glaubt niemand mehr ernsthaft, ein Blitz sei von einem Gott geworfen worden.
Die abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – sind anders entstanden als frühere Naturreligionen.
Sie beruhen auf heiligen Texten und der Vorstellung eines allmächtigen persönlichen Gottes, der Gebote erteilt und Geschichte lenkt.
Christentum und Islam bauen dabei vollständig auf jüdischen Überlieferungen auf. Ohne den einen Gott gibt es weder Christus als Erlöser noch göttliche Offenbarungen an Mohammed.
Das Problem:
Diese Glaubenssysteme sind nicht evolutionär. Ihre Grundannahmen sind nicht offen für Korrektur durch neue Erkenntnisse. Gleichzeitig widersprechen sie in zentralen Punkten dem heutigen naturwissenschaftlichen Wissen.
Wenn sich aber die Grundannahmen eines Gedankensystems als unbegründet erweisen, dann bricht auch alles zusammen, was logisch daraus abgeleitet wurde.
Auch das Wissen aus dem verlinkten Video ist nicht endgültig.
Wir wissen viel über das Universum – aber nicht, was es „letztlich“ ist. Vielleicht werden wir eines Tages sogar verstehen, was vor dem Urknall war. Vielleicht auch nicht.
Was wir aber wissen:
Die bisher beschriebenen Götter existieren nicht.
Ob es irgendetwas gibt, das wir heute noch nicht verstehen, wissen wir nicht. Wissenschaft lebt genau von dieser Offenheit.
Und deshalb ein letzter Gedanke zu Weihnachten:
Das Kind in der Krippe ist ein schönes Märchen – mehr nicht.
Wenn Dir das Brauchtum rund um die Wintersonnenwende gefällt, dann genieße es ruhig.
Aber bleib neugierig.
Neugier ist der Anfang von Erkenntnis – und Erkenntnis ist wertvoller als jeder Glaube.