Opa sitzt mit einigen seiner Enkel im Garten. Er erläutert ihnen seinen Weg zum Vegetarismis:
POV – Mein Weg zum Vegetarismus
Ich gehöre zur ersten Nachkriegsgeneration nach dem Zweiten Weltkrieg…
Obwohl meine Eltern in Köln lebten – also mitten in der Stadt – … verbrachte ich einen Großteil meiner Vorschulzeit in ländlicher Umgebung // bei meinen Großeltern in einem Dorf am Niederrhein //
Dort war der Umgang mit Tieren selbstverständlich…
Besonders die Schweine hatten es mir angetan. // Ich erinnere mich noch genau an den Geruch des Stalls, das Grunzen und die neugierigen Augen, wenn ich mit Kartoffelschalen kam, oder dem
Schweine-Eimer… FIRRKES-POTT hieß das in der Mundart von Oma und Opa //
Aber für mich war auch klar: Wenn die Tiere groß genug waren, wurden sie geschlachtet… und zu Fleisch und Wurst verarbeitet – und ich habe es mir schmecken lassen.
So war eben die Ordnung der Dinge.
In der fromm-christlichen Gesellschaft der frühen 50er-Jahre hieß es: …
„Der liebe Gott hat das bei der Schöpfung so eingerichtet. Die Tiere sind dem Menschen untertan.“ //
Was ich damals nicht wusste:
Die Bibel selbst erzählt eine andere Geschichte.
Im ersten Schöpfungsbericht heißt es:
„Ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen… und alle Bäume mit Früchten – zu eurer Speise.
Und allen Tieren habe ich grünes Kraut zur Nahrung gegeben.“
Das ist die priesterliche Schöpfungserzählung – vermutlich im babylonischen Exil entstanden.
Dort träumte man von einer idealen Weltordnung:
Menschen leben in Harmonie mit der Natur… keine Gewalt… keine Fleischkost. ///
Die Passage, auf die sich damals viele Christen beriefen, findet sich erst später im ersten Buch Mose:
„Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise…“
Das ist die sogenannte noachidische Ordnung – nach der Sintflut.
Sie stammt aus einer älteren Tradition und akzeptiert:
Tod, Angst und Gewalt gehören zur Realität – inklusive Fleischkonsum. ///
Bibelwissenschaftlich betrachtet gibt es hier aber keinen WIDERSPRUCH – sondern zwei theologische Konzepte aus unterschiedlichen Zeiten. //
Zusammengefügt wurden sie später zu unserem heutigen Buch Genesis.
Fleischessen ist hier eine Konzession an die gefallene Welt.
Das Ideal bleibt: eine friedliche, vegetarische Zeit. ///
Erst später // Im Mittelstufenalter lernte ich dann in der Schule:
Anthropologisch war der paradiesische Vegetarismus nie Realität.
Schon Homo habilis – vor rund 2,4 Millionen Jahren – aß Fleisch.
Tierknochen mit Schnittspuren zeigen: Fleisch war Energie- und Proteinquelle – wichtig für die Entwicklung unseres großen Gehirns.
Der BIBLISCHE Vegetarismus ist also eine theologische Utopie, keine Menschheitsgeschichte. ///
Die unterschiedlichen biblischen Überlieferungen spiegeln wider:
Heute sagen manche Theologen:
Genesis 1:29 – der vegetarische Schöpfungsauftrag – ist das Ideal.
Andere sehen in Genesis 9 Verse drei und vier eine realistische Anpassung:
Der Mensch ist Teil eines gewaltgeprägten Kosmos – soll aber maßvoll und verantwortungsvoll handeln. ///
Mein Fazit … schon damals:
Die Bibel ist kein Ernährungsratgeber – sie ist eine Sammlung theologischer Reflexionen über den Zustand der Welt. //
In der Oberstufe wurde mir klar: … Die Schöpfungsgeschichte ist NONSENS.
Fortschrittliche Lehrer erklärten uns damals schon die Urknall-Theorie… die Abiogenese … das berühmte Urey-Miller-Experiment, das zeigte, wie aus Gasen und Funken Aminosäuren entstehen können //
Diese Bausteine verbanden sich zu immer komplexeren Molekülen. … Manche konnten sogar Informationen speichern und chemische Reaktionen beschleunigen – wie die RNA. … Eingehüllt in winzige Fettbläschen, sogenannte Protocells, entstand so der erste geschützte Lebensraum. …
Irgendwann kam der entscheidende Schritt: Moleküle begannen, sich selbst zu kopieren. Die ersten Prokaryoten waren geboren – einfache Zellen ohne Zellkern, aber mit einem funktionierenden Stoffwechsel. …
Dann, vor etwa zwei Milliarden Jahren, geschah etwas Revolutionäres: Eine Zelle verschluckte eine andere – und anstatt sie zu verdauen, begann eine dauerhafte Zusammenarbeit. So entstanden die Eukaryoten, Zellen mit Zellkern und Organellen wie Mitochondrien oder Chloroplasten.
Aus diesen Zellen bildeten sich schließlich Zellgemeinschaften, in denen Arbeitsteilung möglich war. Das war der Beginn von Multizellularität – die Grundlage für Pflanzen, Tiere
und am Ende auch uns Menschen. //
Charles Darwin lehrt uns in seinem Hauptwerk „Über die Entstehung der Arten“ wie es danach weiterging. // In seinem 1859 veröffentlichten Werk, das als grundlegendes Werk der Evolutionsbiologie gilt,
erfahren wir, wie Arten sich im Laufe der Zeit durch natürliche Selektion verändern. //
Die Vielfalt der Arten, wie wir sie heute kennen, ist das Ergebnis von Milliarden Jahren Evolution – angetrieben durch Variation, Mutation und natürliche Selektion.
So entstand vor Milliarden Jahren Leben – ohne Schöpfer, nur durch Naturgesetze. // Kein Schöpfer, keine Wunder … nur die unerbittliche Logik der Naturgesetze, die aus toter Materie lebende Vielfalt formte. ///
Ich habe dann den Soldatenberuf ergriffen // Damals im Kalten Krieg gehörte … wie heute, wo ein heißer Krieg, der jederzeit auf uns übergreifen kann, direkt vor unserer Haustür tobt … der Gedanke, Leben zu vernichten … oder das eigene Leben zu verlieren ... zum Alltag. /// Einsatzveteranen, die aus Afghanistan zurückkommen // mehr noch diejenigen, die im Afghanistankrieg gefallen sind // erzählen, wie schnell „töten und getötet werden“ Realität werden kann. //
An die Tatsache, dass alles Leben eng miteinander verbunden ist, … dass wir Menschen mit dem Grashalm verwandt sind und einen gemeinsamen Vorfahren mit dem Huhn haben // dass gegenseitiges Töten …
OHNE NOT … eigentlich pervers ist, habe ich nicht nachgedacht // und dass wir Fleisch essen, störte mich nicht. //
In der Ausbildung „Leben im Felde“ lernten wir sogar, Tiere zu töten und zu zerlegen. … Das gehörte zum Job, wie auch bei der Jagd //
Leben ernährt sich von Leben // „Fressen und gefressen werden“ gehört zur Natur … das war meine pragmatische Sicht. ///
Aber ist das wirklich so einfach? ///
Heute weiß ich: Die Art und Weise, wie wir Tiere „zum Gefressenwerden“ bringen, ist oft grausam. //
Massenhaltung … Qualzucht … und das alles fern vom Blick der Konsumenten. //
Tiere sind keine Ressourcen, sondern Mitgeschöpfe unsere Geschwister. // Und
Sie fühlen Schmerz… Angst… und sogar ZUNEIGUNG . ///
Außerdem: Die Fleischproduktion beschleunigt Klimawandel… Waldzerstörung… Artensterben. …
Und das, obwohl wir sie gar nicht brauchen: // Wir brauchen kein Fleisch! …
Eine ausgewogene vegetarische oder vegane Ernährung kann Menschen jeden Alters gesund versorgen. ///
Wer vegetarisch lebt, handelt klima- und tierfreundlich // und übernimmt VERANTWORTUNG! ///
Wollt Ihr eine gerechtere Welt? … Dann fangt doch einfach beim Essen an! //
Mein Tipp: Probiert einen Veggie-Tag pro Woche …
Schaut, wie Ihr euch fühlt … Vielleicht ja wird mehr daraus. ///