Hintergrund für den folgenden Beitrag ist einmal mehr ein Rumoren in den religiotischen Social-Media. - Seit einigen Wochen existieren Berichte über die Nahtoderfahrung der Polizeibeamtin und Spitzensportlerin Laethisia Schimek, einer beeindruckenden jungen Frau. – Und religiöse Schwurbler missbrauchen diese Berichte, in denen sie eine gute Werbung für ihre Echokammern sehen.
Ich selbst habe lediglich zwei neutrale Quellen herangezogen, …
…, und versuche, das Geschehene zu beleuchten und weltanschaulich neutral einzuordnen:
Es sind diese seltenen Momente, in denen das Leben am seidenen Faden hängt und zugleich eine neue Richtung bekommt. Die Inlinespeedskate-Weltmeisterin Laethisia Schimek erlebte genau das: Ein Unfall, eine Routine-Operation, eine lebensbedrohliche Komplikation – und eine Erfahrung, die sie nie vergessen wird.
Ihre Geschichte ist auf zwei Ebenen bemerkenswert: medizinisch, weil sie nur knapp überlebte, und existenziell, weil sie in diesem Grenzbereich des Lebens Eindrücke gewann, die sie bis heute prägen.
Das erste Erlebnis geschieht im akuten Notfall. Ein Kirschner-Draht, eingesetzt zur Stabilisierung eines Schlüsselbeinbruchs, wandert unbemerkt und durchbohrt Aorta und Lunge. Das Blut füllt den Herzbeutel, das Herz wird zusammengedrückt – medizinisch spricht man von einer Herzbeuteltamponade. Laethisia bricht zusammen.
Sie schildert später, wie sie sich „von oben“ auf der Trage sah, umringt von Ärzten und Pflegern, die um ihr Leben kämpften. Typische Elemente, die man aus anderen Nahtodberichten kennt, sind auch hier zu finden: die Dissoziation, die Beobachtung des eigenen Körpers von außen, die Zeitlosigkeit.
Das zweite Erlebnis kommt Tage später, in der Phase der Rekonvaleszenz. Schwach, schmerzgeplagt und mit Sauerstoffgerät schildert sie plötzlich ein überwältigendes Gefühl von Liebe und Dankbarkeit, das sie wie ein „Licht“ durchflutete und sie zum Weinen brachte. Kein mystisches Pathos, keine religiöse Aufladung – eher ein tiefer emotionaler Durchbruch.
Seit den 1970er-Jahren werden Nahtoderlebnisse systematisch erforscht. Immer wieder berichten Betroffene ähnliche Muster: ein „Tunnel“, ein „Licht“, die Begegnung mit Verstorbenen, das Gefühl, den eigenen Körper zu verlassen.
Die moderne Forschung bietet dazu mehrere Erklärungsansätze:
Das zweite Erlebnis – das „Licht der Dankbarkeit“ in der Rekonvaleszenz – lässt sich eher psychologisch deuten: Nach dem Überleben einer extremen Krise bricht häufig eine tiefe Emotion der Erleichterung durch, manchmal begleitet von Tränen, Weinen, tiefer Dankbarkeit. Psychologen sprechen hier von posttraumatischem Wachstum: Aus einer existenziellen Bedrohung erwächst neue Lebensintensität, neue Prioritätensetzung.
Wichtig ist die Unterscheidung:
Für die Betroffenen selbst gibt es keinen Widerspruch – sie wissen, was sie erlebt haben. Für die Wissenschaft aber bleibt klar: es handelt sich um natürliche, wenn auch außergewöhnliche Erlebnisse des menschlichen Gehirns.
Sobald Nahtoderfahrungen öffentlich werden, melden sich religiöse Deutungen: „Gottes Fingerzeig“, „Berührung des Heiligen Geistes“. Das ist verständlich – Nahtoderlebnisse sind Projektionsflächen für religiöse Sehnsüchte.
Schon in der Bibel lassen sich Berichte finden, die an solche Erfahrungen erinnern: Paulus schreibt von einer Entrückung „bis in den dritten Himmel“, die Johannes-Offenbarung lebt von visionären Bildern. Für den historisch-kritischen Bibelleser liegt es nahe, auch diese Texte als subjektive Grenzerfahrungen zu verstehen – nicht als objektive Jenseitsberichte.
Laethisia Schimek hat nichts Mystisches daraus gemacht. Sie sagt selbst: „Ich habe verstanden, was es heißt, zu leben.“ Das ist eine Haltung, die Respekt verdient.
Die nüchterne Sicht der Wissenschaft entwertet das nicht. Im Gegenteil: Sie erklärt, warum solche Erlebnisse möglich sind, und sie zeigt, wie großartig das menschliche Gehirn als „Erlebnisgenerator“ in Extremsituationen funktioniert.
Was bleibt, ist eine neue Dankbarkeit für das Leben – und die Erfahrung, dass Glück nicht von Medaillen abhängt, sondern von der Intensität, mit der man lebt.
Nahtoderlebnisse sind keine Beweise für ein Jenseits und keine Bestätigung religiöser Dogmen. Aber sie sind reale Erfahrungen, die unser Leben verändern können.
Die Geschichte von Laethisia Schimek zeigt:
Wer den Rand des Todes gesehen hat, kann zu einer tieferen, intensiveren Lebenseinstellung finden – ganz ohne mystischen Überbau.