Religiöse Medienangebote sind längst nicht mehr auf Predigten im Gemeindesaal beschränkt, sondern treten heute als professionelle Rundfunk- und Streamingmedien auf. Dies gilt auch für die Neuapostolische Kirche (NAK), deren globales Missionsverständnis zunehmend medienstrategisch aufgestellt ist.
Ein aktuelles Beispiel: NAC 28 TV — ein 24/7-Fernsehsender mit Sitz in Sambia, dessen Programm laut kircheneigener Darstellung „allen Menschen den Zugang zum Evangelium“ ermöglichen solle.
Während in Deutschland selbst kirchliche Öffentlichkeitsarbeit auf ein Publikum mit hohem Bildungsstand trifft, eröffnen sich in Ländern mit geringerem formalen Bildungsniveau erhebliche Kommunikations- und Einflussmöglichkeiten. Gerade hier tritt die Frage auf:
Strategie der Seelsorge — oder Strategie der Indoktrination?
Der offizielle nac.today-Beitrag (siehe Button) beschreibt den Sender mit euphorischem Pathos:
Der Sender versteht sich ausdrücklich als evangelistisches Instrument:
Gottesdienste, Andachten, religiöse Musik, Wohltätigkeitsprojekte, Konzertmitschnitte und zukünftig sogar bezahlte Werbeplätze „um unsere Wohltätigkeitsorganisationen zu finanzieren“.
Das Projekt umfasst ein eigenes Studio, ein professionelles Medienteam, landesweite Ausstrahlung und soll perspektivisch sogar über Rundfunk hinausgehen.
Auffällig: Nicht die theologische Botschaft steht bei nac.today im Vordergrund der Darstellung, sondern Reichweite, Markenbildung, Einschaltzahlen und Monetarisierung. Es handelt sich also nicht nur um Verkündigung, sondern um systematische religiöse Medienmacht.
Formale Bildungsdauer (Bevölkerung 25+):
Während in Deutschland ein vergleichsweise hohes Bildungs- und Reflexionsniveau dazu führt, dass kirchliche Aussagen kritisch hinterfragt werden können, trifft dieselbe Kommunikationsstrategie in Sambia auf eine Bevölkerung mit deutlich geringerer Schulbildung und schwächer ausgeprägter Medien- und Quellenkompetenz.
Diese Asymmetrie erzeugt ein Machtgefälle:
Wenn nac.today also in Deutschland bereits mit rhetorisch fragwürdigen Narrativen operiert, drängt sich die Frage auf:
Welche Wirkung entfalten dieselben Inhalte, wenn sie auf weniger gebildete Zielgruppen treffen — noch dazu via 24/7-Monokultur-Sender?
Der Beitrag beschreibt die Senderidentität ästhetisch-emotional: Musik, Farben, Logos, „leichte Melodie“, „glühende Linien“, „hellblau, Orange, Schwarz und Weiß“. Diese Inszenierung ist nicht zufällig.
Sie dient:
Kein Wort jedoch über Pluralismus, kritische Reflexion, Medienkompetenz, politische Neutralität, ethische Aufklärung oder Meinungsvielfalt. Der Sender präsentiert nur eine Welt: die neuapostolische.
Das ist katechetische Monokultur, nicht Informationspluralität.
Der Sender soll auch Einnahmen generieren, u. a. durch Werbezeiten. Offiziell zur Finanzierung von „Wohltätigkeitsorganisationen“, aber die Rhetorik ist offen:
„Wir möchten nicht nur Einnahmen erzielen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, sondern auch, um unsere Wohltätigkeitsorganisationen zu finanzieren.“
Medienmission, Reichweite, Einnahmen — das ist religiös-ökonomische Expansion, nicht nur Seelsorge.
Die Kombination aus
führt nicht zu „Zugang zum Evangelium“, sondern zu Narrativdominanz.
Kurz: Wo Wissen schwach ist, wird Glaube nicht optional — sondern alternativlos.
Dies schafft ideale Bedingungen für Indoktrination, vor allem bei jungen Menschen, deren Bildungssystem ohnehin belastet ist.
Ein 24-Stunden-Sender in einem Land mit begrenzter Bildung ist kein harmlose Verkündigungsplattform. Er ist ein machtvolles Instrument zur Steuerung von Weltbildern. Wenn die NAK ihre Inhalte dort ohne kritische Gegenstimme verbreitet, muss sie sich die Frage gefallen lassen:
Fördert sie Mündigkeit — oder Abhängigkeit?
Wer Medienmacht besitzt, trägt Verantwortung.
Wer sie bewusst in bildungsärmeren Regionen ausbaut, trägt noch mehr Verantwortung.
Aufklärung wäre Vertrauen
Dauer-Evangelisation ist Kontrolle.