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Advent: Vier Wochen bis zur „Ankunft“

Oder:

Wie man aus kosmischer Abwesenheit liturgisches Warten macht

Der Advent ist jene Zeit, von der viele Menschen glauben, sie sei uralt, zutiefst christlich und stehe in unmittelbarer Verbindung mit dem historischen Jesus – also jenem Mann, dessen Biografie bis heute nicht so ganz ohne editorische Eingriffe der frühchristlichen PR-Abteilung überliefert ist.

 

In Wahrheit ist der Advent ein Produkt kirchlicher Erfindungskunst, entstanden in Jahrhunderten, in denen Theologen mit erstaunlicher Kreativität versuchten, bedeutungslose Zeitabschnitte mit metaphysischem Sinn aufzublasen.

Die ursprüngliche Idee:                  kosmisches Warten auf jemanden,              der offenbar nie vorbeikommt

„Adventus“ bedeutet „Ankunft“. Gemeint war ursprünglich nicht die hübsch sentimentale Weihnachtsromantik, sondern die Wiederkunft Christi – also das groß angekündigte Finale der Heilsgeschichte. Ein göttliches Endzeit-Event, das fast zweitausend Jahre später weiterhin in etwa so wahrscheinlich ist wie eine Parthenogenese bei Menschen.

 

Das frühe Christentum lebte in einer Dauer-Adventsstimmung – nicht, weil die Menschen damals so fromm waren, sondern weil sie fest damit rechneten, dass die Welt sich jederzeit in Rauch auflösen könnte. Wer ehrlich ist, muss sagen: Der gesamte christliche Glaube ist ein Advent. Ein Warten auf etwas, das man selbst erzeugt hat, um nicht zugeben zu müssen, dass man darauf wartet.

Vom kosmischen Countdown zur     liturgischen Jahresroutine

Erst im 7. Jahrhundert kam Papst Gregor der Große – ein Mann, der das Papstamt so erfolgreich mystifizierte, dass es später als „Nachfolge Petri“ zu einer Art metaphysischer Firmenübernahme verklärt wurde – auf die Idee, dem Warten eine formale Struktur zu geben.

 

Vier Wochen sollten es sein. Warum vier? Natürlich nicht, weil irgendjemand vier Kerzen hübsch fand, sondern wegen einer symbolischen Rechnerei, die man heute vermutlich unter Fantasy-Worldbuilding verbuchen würde: vier Wochen = 4.000 Jahre zwischen dem Sündenfall und der Geburt Christi. Der Sündenfall, wohlgemerkt – jenes theologische Kunstprodukt, das die Menschheit kollektiv schuldig sprechen musste, damit ein späteres göttliches Rettungsmanöver überhaupt Sinn ergab.

Die 4.000 Jahre hatte kurz zuvor ein Mönch (Dionysius Exiguus) „errechnet“, indem er die biblischen Genealogien und Zeitangaben addierte. Also diejenigen Daten, die heute allenfalls noch ein fundamental biblisch orientierter Laienprediger für bare Münze nimmt.

 

Eine Narretei, diese Adventsidee? – Das wäre aus heutiger Sicht wohl eine fast zu höfliche Formulierung.

Vom Bußritual zum Glühweinerlebnis

Der Advent war ursprünglich eine Fasten- und Bußzeit. Man nahm die Wiederkunft noch ernst – zumindest offiziell. Heute ist davon nur noch die eiserne Bußdisziplin des Einzelhandels geblieben, der jedes Jahr früher eröffnet.

 

Während der mittelalterliche Gläubige sich auf das Jüngste Gericht vorbereitete, bereitet der moderne Mensch heute eher seine Leber auf den Angriff heißer Alkoholika vor. Die Weihnachtsmärkte, die traditionell am 1. Advent beginnen sollten, öffnen inzwischen im November – manchmal schon dann, wenn die letzten Reste der Halloween-Deko noch im Wind flattern.

 

Die Auseinandersetzung mit der religiösen Bedeutung ist längst durch etwas ersetzt worden, das viel seriöser wirkt: Diskussionen darüber, ob ein Weihnachtsmarkt noch „Weihnachtsmarkt“ heißen darf, oder ob man aus Rücksicht auf „muslimische Landsleute“ lieber „Lichtermarkt“ sagen sollte. Plötzlich verteidigt man eine christliche Tradition, von deren Inhalt man selbst kaum mehr weiß als das frisch erworbene Ein-Euro-Krippenfigürchen aus chinesischem Polyesterharz.

Der Advent heute:                      Bedeutungsnebel mit Lichterketten

Was also ist der Advent im 21. Jahrhundert?

  • Ein kirchengeschichtliches Konstrukt, das kaum jemand versteht.
  • Ein ökonomisches Hochamt, das jedes Jahr etwas früher beginnt.
  • Ein identitätskultureller Aufreger, wenn jemand an der Bezeichnung rüttelt.
  • Und für die Kirchen: ein verzweifelter Versuch, die immer dünner werdende religiöse Folie aufrechtzuerhalten, die über den Wochen des Konsums liegt wie Puderzucker über altem Lebkuchen.

Ironischerweise wäre gerade jetzt der perfekte Zeitpunkt, die ursprüngliche Bedeutung ernst zu nehmen: Wenn der Advent wirklich die „Ankunft“ Christi meint, dann lebte die Christenheit seit zweitausend Jahren in einer kosmischen Warteschlange. Vielleicht ist das der wahre Kern des Festes…

 

Ein Ritual des Wartens auf etwas, das nie eintritt – ein Sinnbild für jede Religion, die mit großen Verheißungen beginnt und im Nebel der Geschichte verpufft.

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Kurz: Wenn Wahrheit sich nicht beweisen darf, ist sie keine.:

17.Nov.2025

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