Es ist immer wieder faszinierend, mit welcher Beharrlichkeit Simon Heiniger die Quadratur des theologischen Kreises betreibt: Er verkauft Unverständlichkeit als tiefe Wahrheit und logische Lücken als Beweis für göttliche Tiefe.
„Die Geheimnisse sind göttliche Wahrheiten, die sich dem menschlichen Verstehen entziehen“ – so zitiert er brav den Stammapostel. Übersetzt in Alltagssprache heißt das: Wenn du es nicht verstehst, ist es umso wahrer. Ein alter Trick aus der Rhetorik-Kiste, bestens geeignet, um jedes kritische Nachfragen schon im Keim zu ersticken.
Dann der Vorhang im Tempel, der beim Tod Jesu zerreißt – ein geradezu hollywoodreifer Effekt. Nur: Wer die Stelle nüchtern liest, merkt schnell, dass hier Mythos, späteres Storytelling und Wunschprojektion fröhlich Händchen halten. Aber in Heinigers Lesart wird daraus natürlich eine „offene Tür ins Heil“. Das ist so, als ob man behauptete, das Einreißen einer Zimmerwand sei der endgültige Beweis für die Existenz des Architekten.
Herrlich auch, wie Heiniger den „Spannungsbogen“ zwischen „Geschichte und Geheimnis“ beschwört. Geschichte – also überprüfbare Daten – sind ihm sichtlich zu profan. Also lieber ein Schwenk ins Nebulöse: Das Geheimnis „bleibt bestehen“. Man könnte auch sagen: Je weniger überprüfbar, desto sicherer fühlt sich der Glaube.
Und wenn wir bei den Aposteln ankommen, ist die Welt endgültig in Ordnung: Sie sind selbstverständlich die „Haushalter über Gottes Geheimnisse“. Wie praktisch – die göttliche Wahrheitsverwaltung liegt bei genau der Institution, die den Text veröffentlicht. Wer hätte das gedacht?
Besonders charmant ist Heinigers Küchen-Tisch-Rhetorik: Die Bibel soll „nicht nur ihren Platz am Altar“ haben, sondern auch „an den Küchentisch“. Bibellesen zwischen Frühstücksei und Spülmaschine, das macht aus der religiösen Inszenierung eine Art Familien-Event. Dass es sich dabei um eine 2000 Jahre alte Textsammlung voller innerer Widersprüche handelt, stört natürlich nicht. Hauptsache, das Herz „brennt wieder“.
Unterm Strich bleibt: Heiniger verkauft das Offensichtliche als Offenbarung und die Unlogik als göttliches Geheimnis. Eine wunderbar funktionierende Zirkelschleife: Die Schrift ist wahr, weil Christus sie „öffnet“. Christus ist wahr, weil die Schrift von ihm zeugt. Und die Apostel sind unentbehrlich, weil sie diese Wahrheit verwalten.
Ein offenes Geheimnis eben – offen nur dafür, dass hier nicht Erkenntnis, sondern Apologetik im Festtagsgewand betrieben wird: