Das Buch Rut ist eine der kürzesten Erzählungen der Bibel. Es spielt in der Zeit der Richter, also zwischen dem Tod Josuas und dem Beginn der Königszeit in Israel
(ca. 1200–1000 v. Chr.).
Erzählt wird die Geschichte einer moabitischen Frau namens Rut:
„Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“
Damit entscheidet sich Rut, Noomi zu begleiten und den israelitischen Glauben anzunehmen.
Allerdings: Das Buch wurde viel später geschrieben, vermutlich erst im 5. oder 4. Jh. v. Chr., also rund 700 Jahre nach den angeblichen Ereignissen.
Man erkennt dies an der Sprache und an bestimmten Themen, die zur Zeit des nachexilischen Judentums (nach der Babylonischen Gefangenschaft) aktuell waren – etwa die Frage, ob man Ausländer heiraten darf.
Die Geschichte will nicht als historischer Tatsachenbericht verstanden werden.
Vielmehr ist sie eine didaktische Erzählung – eine Art Parabel über Menschlichkeit, Loyalität und göttliche Fügung.
Zur Zeit der Entstehung des Buches gab es unter den Juden heftige Debatten darüber, ob Ehen mit Fremden erlaubt seien (vgl. Esra 9–10 und Nehemia 13).
Das Buch Rut nimmt hier Gegenstellung:
Es zeigt eine Ausländerin, die durch ihre Güte und Treue als Vorbild dient und von Gott offenbar akzeptiert wird.
Damit ist die Botschaft:
➡️ „Nicht Abstammung, sondern Haltung und Menschlichkeit zählen.“
Das Buch Rut ist eine schöne alte Erzählung über Freundschaft, Mut und Menschlichkeit.
Sie zeigt, dass jemand aus einem anderen Volk genauso „gut“ oder „gottgefällig“ sein kann wie jemand aus dem eigenen.
Aber man darf nicht glauben, dass die Geschichte wirklich so passiert ist.
Sie wurde viele Jahrhunderte später geschrieben, um zu zeigen, dass Güte und Mitgefühl wichtiger sind als Herkunft oder religiöse Reinheit.
Und dass Rut in den „Stammbaum Jesu“ aufgenommen wurde, ist nicht ein Beweis für Geschichte, sondern ein Bild dafür, dass jeder Mensch dazugehören kann, wenn er Gutes tut.