In allen bekannten Religionen spielen Opferhandlungen eine Rolle. Menschen versuchten seit jeher, mit übernatürlichen Mächten in Kontakt zu treten, sie gnädig zu stimmen oder ihr Verhalten zu beeinflussen. Das Spektrum reicht von symbolischen Gaben über Tieropfer bis hin zu den grausamen Menschenopfern, die wir aus vielen Kulturen kennen – von den Azteken bis zu den alten Kanaanäern.
Die Motive waren ähnlich: Krankheit, Naturkatastrophen, Krieg oder Ernteausfall wurden als Eingriffe übermächtiger Wesen gedeutet. Das Opfer sollte entweder Unheil abwenden oder Wohlergehen erkaufen – meist zum Nachteil Dritter.
Mit den Erzählungen des Alten Testaments tritt ein Bruch auf. Die Geschichte von Abraham und Isaak (Gen 22,1–13) markiert den Übergang: Rituelle Menschenopfer werden für die Jahwe-Religion verworfen, Tieropfer bleiben jedoch selbstverständlich.
Wenn Kirchen dennoch von „Opfer“ sprechen, dann ist das nicht nur unbiblisch, sondern schlicht ein Rückfall in heidnisches Denken.
Sobald sich Menschen zusammenschließen – ob im Verein, im Staat oder in einer Kirche – entsteht eine Infrastruktur, die Geld und Arbeit erfordert. Das sind Beiträge, Gebühren oder Steuern, keine Opfer. Eine Spende kann Ausdruck freiwilliger Solidarität sein, aber sie ist nicht an Gott gerichtet. Wer hier mit „Opfer“ argumentiert, betreibt bewusste Irreführung.
Historisch lässt sich der Zusammenhang von Religion und Finanzen an der Zehnt-Tradition des alten Israel zeigen: Abgaben an den Tempel waren letztlich eine Form von Steuer. Teile davon dienten sozialstaatlichen Zwecken, andere der Versorgung einer priesterlichen Elite. Genau hier wurzeln bis heute Kirchensteuern.
In Deutschland beträgt die Kirchensteuer 8–9 % der Einkommensteuer. Sie wird staatlich eingezogen, ist transparent und steuerlich absetzbar.
Die Neuapostolische Kirche (NAK) verzichtet auf die Kirchensteuer und preist dies gern als Vorteil an. Doch die Realität ist perfide:
Das ist Beutelschneiderei in religiösem Gewand.
Funktionäre wie der frühere NAK-Sprecher Peter Johanning oder aktuell der BezAp-Helfer Arnaud Martig propagier(t)en, man müsse Gott „den Zehnten“ geben – 10 % von allem Einkommen: Löhne, Geschenke, Sozialleistungen, sogar Taschengeld. Ein Betrag könnte dadurch mehrfach „veropfert“ werden (Unternehmer – Angestellter – Kind).
Die biblische Berufung auf Jakob (Gen 28,22) ist jedoch fragwürdig:
Damit ist klar: Die „Zehnt“-Lehre der NAK ist geschichtslos und theologisch haltlos.
Auch das Thema Dank wird von der NAK instrumentalisiert. Während Dankbarkeit in Philosophie und Alltag eine Tugend ist, reduziert die NAK sie auf Geldzahlungen. Johanning schrieb seinerzeit sinngemäß: „Dankbar sein heißt: Opfer geben.“
Das ist eine groteske Verzerrung. Dankbarkeit für Mitmenschen lässt sich in Freundlichkeit, Hilfe oder Kooperation ausdrücken – nicht in Abgaben an eine Kirchenorganisation.
Zahlenbeispiele aus Nordrhein-Westfalen zeigen:
Besonders zynisch ist der Umgang mit Armen: Selbst Hartz-IV-Empfänger sollen nach Auffassung mancher NAK-Leiter „ihr Opfer stundieren“. Dabei leben sie schon vom Existenzminimum – finanziert durch die Steuern anderer, die längst Kirchenabgaben leisten.
Opfer sind ein archaisches Relikt. Im Christentum sind sie – der eigenen Lehre nach – überflüssig. Spenden und Beiträge sind legitime Formen der Unterstützung, aber sie dürfen nicht als göttlich geforderte Opfer getarnt werden.
Die NAK missbraucht den Opferbegriff, um Mitglieder finanziell auszubeuten und ihnen Schuldgefühle einzureden. Wer das durchschaut, erkennt:
Aufklärung heißt: Die Dinge beim Namen nennen.