Fast alle kennen die Geschichte: Ein junger Hirtenjunge namens David tritt mit nichts weiter als einer Steinschleuder gegen den riesenhaften Krieger Goliat(h) an – und besiegt ihn. Das Ganze spielt sich laut Bibel im Kontext eines Krieges zwischen Israel und den Philistern ab (1. Samuel 17). Während sich Israels Armee vor Angst duckt, zieht David los – angeblich allein durch sein „Gottvertrauen“ gestärkt – mit seiner Steinschleuder los und trifft Goliat tödlich am Kopf. Sieg für Israel, Applaus für David.
So weit, so legendär.
Wer etwas weiterblättert, wird stutzig: In 2. Samuel 21,19 steht plötzlich, dass nicht David, sondern Elhanan Goliat getötet habe. In einer späteren Version – 1. Chronik 20,5 – wird dieser peinliche Widerspruch korrigiert: Elhanan soll „nur“ Goliats Bruder erschlagen haben.
Was war da los?
Solche Widersprüche sind kein Zufall. In der Antike wurden Heldengeschichten oft mehrfach überliefert – und später „passend gemacht“. Offenbar wurde der ursprüngliche Elhanan-Bericht später David zugeschrieben, vermutlich um den späteren König noch glanzvoller erscheinen zu lassen. Und da das Buch der Chronik erst viel später entstand, wird dort korrigiert, was vorher irritierte.
Mit historischer Wahrheit hat das wenig zu tun – mit Legendenbildung umso mehr.
David war bei weitem nicht der einzige „Riesentöter“ in der Bibel. Weitere Stellen berichten von:
Offenbar war das Erschlagen riesenhafter Gegner eine Art Ehrentitel – vergleichbar mit dem Superheldenstatus heutiger Filmfiguren. Wer einen „Riesen“ besiegt hatte, gehörte zur biblischen Champions League.
Aus historischer Sicht ist nicht belegt, dass es den Einzelkampf David vs. Goliat tatsächlich gegeben hat – oder dass Goliat überhaupt eine reale Person war. Es handelt sich vermutlich um eine Heldensage, die aus verschiedenen mündlichen Überlieferungen zusammengestrickt wurde. Die Beschreibung Goliats als übergroßer, schwer gepanzerter Krieger ist typisch für Mythen, in denen die scheinbar Schwachen gegen Übermächtige gewinnen.
Die Figur des David wurde später stark idealisiert – auch, um das spätere Königtum zu legitimieren. Im Grunde handelt es sich um antike Propaganda: Seht her, dieser David war schon als Junge ein Held – natürlich war er der von Gott auserwählte König!
Die Geschichte von David und Goliat ist keine historische Reportage, sondern eine Motivationslegende. Sie will Mut machen: Auch ein Außenseiter kann gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner bestehen. Das ist eine starke Botschaft – aber sie funktioniert auch ganz ohne Gottesbezug.
In unserer Zeit haben wir andere „Riesen“: Klimakrise, soziale Ungerechtigkeit, Krankheiten, psychische Belastungen. Die lassen sich nicht mit einer Steinschleuder besiegen – und auch nicht mit ein paar Versen aus dem Römerbrief.
Was hilft? Klare Analyse, Bildung, Teamwork – und manchmal ein vernünftiger Rückwärtsgang.
Ganz einfach: Der Goliath 750-D war ein Kleintransporter aus den 1950er Jahren – hergestellt vom Borgward-Konzern in Bremen. Trotz seines Namens war er alles andere als riesig: kompakt, praktisch, bodenständig. Man könnte sagen: ein „David“ unter den Goliaths.
Wenn also jemand heute den Begriff Goliath hört – darf er ruhig auch an Technikgeschichte denken statt nur an Sonntagsreden.
Der Borgward-Goliath war wenig beeindruckend, aber real.
Die biblischen Goliaths waren beeindruckend, aber vermutlich nie existent.
Nicht jeder, der groß wirkt, ist ein Riese – und Siege brauchen kein göttliches Zutun.
Manchmal reicht auch gesunder Menschenverstand – oder ein 750-D mit funktionierender Bremse.