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18.07.2012 - (fcs/bt)

Das apostolische Glaubensbekenntnis

(Apostolikum) - Teil 1

konfessionsübergreifend anerkanntes Credo der Christen

Symbol der "Dreieinigkeit" Gott-Vater, Sohn und Heiliger Geist

Wenn man unabhängig von der jeweiligen Konfession und deren Sonderlehren herausfinden will, wie sicher die Basis der christlichen Religion ist, muss man zunächst Texte aufgreifen, die konfessionsübergreifend Gültigkeit haben.  Dies sind im Wesentlichen die sogenannten 10 Gebote und das apostolische Glaubensbekenntnis. Beginnen wollen wir mit dem Glaubensbekenntnis, dem Apostolikum, in seiner ökumenischen Fassung.

 

In dieser am 15./16. Dezember 1970 von der Arbeitsgemeinschaft für liturgische Texte der Kirchen des deutschen Sprachgebietes verabschiedeten Fassung lautet das Apostolikum wie folgt:

 

Ich glaube an Gott,

den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

 

Und an Jesus Christus,

seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

 

Ich glaube an den Heiligen Geist,

die heilige apostolische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

 

Amen.

Ich glaube an Gott…?

Von Voltaire stammt der berühmte Satz: „Wenn es Gott nicht gäbe, so müsste man ihn erfinden.“ Und Jesse Bering, ein junger Evolutionspsychologe schreibt dazu in seinem Buch „Die Erfindung Gottes: Wie die Evolution den Glauben schuf“ [deutsche Fassung erschienen im Verlag Piper, München (September 2011) ISBN-10: 3492053289 / ISBN-13: 978-3492053280] „Das war vor 250 Jahren ‚solide Logik‘“ - Bering weist dann nach, dass es durchaus vernünftig war, an Gott zu glauben, und wie es dazu kam:

 

(Zitat) „[…] Sprache und Mentalisierung, also die Fähigkeit, nicht nur bei uns selbst, sondern auch bei anderen Gefühle und Haltungen zu erkennen und über deren Bedingtheit nachzudenken, macht uns Menschen einzigartig unter den Lebewesen auf der Erde. Vor allem bei Kindern sehen wir die menschliche Erkenntnisfähigkeit und das Erkenntnisinteresse. […]“ (Zitatende)

erschienen im Verlag Piper, München, ISBN: 978-3492053280

„Unermüdlich wollen wir wissen, warum etwas ist, wie es ist. Ohne Antwort auf die Frage, warum die Sonne scheint oder warum ein anderer Mensch ärgerlich ist, sind wir frustriert oder fürchten uns. Antworten hingegen beruhigen, und das Gefühl, ein Rätsel gelöst zu haben, kann uns regelrecht glücklich machen.“ erklärt Barbara Dobrick in ihrer Rezension auf Deutschlandradio-Kultur [http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1573074/] und weiter:


„Solange es auf viele Phänomene keine Antworten gab, half es unserer Spezies, sich eine Instanz vorzustellen, die selbst als großer Weltenerschaffer und -lenker die Antwort ist. Darüber hinaus hatte eine moralisierende göttliche Instanz den Vorteil, Gesellschaften sozial verträglicher zu machen, denn mit Gottesgeboten ließen sich archaische Triebe hemmen.

Zitat: „Je höher die Zahl der Bevölkerung, desto größer die Chance, dass die Kultur den Begriff eines übernatürlichen, mit menschlicher Moral befassten Beobachters enthält. Bemerkenswert ist auch: Solange Gruppenmitglieder wirklich glauben, dass das Unglück eines anderen durch die Sünden des Betreffenden ausgelöst wurde, ist die falsche kausale Zuordnung furchterregend genug, die übrigen Gruppenmitglieder nicht aus der Reihe tanzen zu lassen.“


Eine göttliche Instanz, die mit der Vorstellung eines Weiterlebens nach dem Tod gekoppelt ist, bietet außerdem Beruhigung, angesichts der seit Menschengedenken unumstößlichen Tatsachenbeobachtung, dass auch zu Selbstreflexion und Selbstbewusstsein fähige Wesen irgendwann sterben. - An Götter oder an einen Gott zu glauben, flößt also Angst ein, aber es lindert auch Angst. Beides geschieht im Interesse des Zusammenlebens der Menschen und damit im Interesse der Arterhaltung.“ (So weit die Deutschlandradio-Rezension)


Es war also durchaus vernünftig, an Gott zu glauben – und zudem sehr menschlich, denn wir konstruieren gemäß Bering unabhängig von religiösen Fragen auch dort Sinnzusammenhänge, wo es eigentlich keine gibt. Allerdings resümiert Bering, dass unser Wissen über uns selbst  mittlerweile so groß ist, dass Teleologie und Teleofunktionalistik vernachlässigbar sind. Er schreibt dazu

(Zitat): „[…] In der Geschichte unserer Spezies sind wir die erste Generation, die direkt mit dem vollen wissenschaftlichen Gewicht eines Arguments konfrontiert ist, das einen personalen Gott sowohl unnötig wie höchst unwahrscheinlich macht. […]“  (Zitatende)

erschienen im Pendo-Verlag, München, ISBN 978-3866122802

Wenn man heute noch an einen Gott glaubt, ist das also zwar menschlich, aber eben nicht mehr vernünftig?


Kommt darauf an, will ich meinen. Jesse Bering macht nämlich eine klare Unterscheidung: Er spricht in dem vorigen Zitat nicht von Gott schlechthin, sondern von einem personalen Gott. Die Möglichkeit der Existenz eines „ersten kosmischen Bewegers“, eines Schöpfungsimpulsgebers, schließt auch Bering nicht aus.

 

Übrigens scheint auch Dr. Michael Schmidt-Salomon, immerhin so etwas wie der Frontmann des Atheismus in Deutschland, die Existenz eines Schöpfers nicht völlig auszuschließen, wie wir in seinem Buch „Leibniz war kein Butterkeks: Den großen und kleinen Fragen der Philosophie auf der Spur“ [Michael Schmidt-Salomon & Lea Salomon, erschienen im Pendo-Verlag, München, ISBN 978-3866122802] feststellen können: Auf die Frage seiner Tochter Lea, ob denn der Urknall nicht doch auch von einem Gott ausgelöst worden sein könnte, gab Schmidt-Salomon zur Antwort

 

„Denkbar ist vieles. Es könnte ein Gott gewesen sein – oder auch ein Team verrückter Computerprogrammierer aus einer anderen Dimension, die sich mit der Erschaffung unseres Universums bloß einen dummen Scherz erlaubt haben“.Allerdings räumt er augenzwinkernd auch ein, dass wir möglicherweise im Verdauungstrakt eines unsichtbaren Kobolds namens Gags Gurgelhurz lebten, und der Urknall bloß die für uns wahrnehmbare Wirkung  einer gigantischen kosmischen Blähung war.


Aber zurück zum christlichen Credo: Es ist ja nicht so, dass die Christenheit einfach nur an die Möglichkeit der Existenz eines Schöpfergottes glaubt, sondern sie glaubt, dass der in der Bibel überlieferte Gott, also der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs besagter Schöpfergott sei.  – Unvernünftiger Weise übrigens, denn das Credo spricht tatsächlich nur ganz allgemein von Gott und nicht von einer bestimmten Gottheit. Und ab hier wird’s schwierig.


Da die Möglichkeit der Existenz eines Schöpfergottes nicht völlig auszuschließen ist, könnte man diesen 1. Glaubensartikel nämlich tatsächlich so stehen lassen. – Wenn nicht in den Köpfen die Verknüpfung mit dem Alten Testament der Bibel verankert wäre.

Die Schöpfung (Luther-Bibel -1534) aus der Werkstatt von Lucas Cranach d.Ä.

Die biblische Schöpfungsgeschichte an sich? Nun ja, sie entspringt der Phantasie irgendwelcher frühen Völker, Steinzeitmenschen möglicherweise, die sich so die Entstehung der Welt erklärt haben. Die über Generationen tradierte Geschichte gelangte auch nach Kanaan und wurde etwa um 1100 v.Z. von Priestern des sich dort formierenden Vielvölkerstaates in den Pentateuch, die identitätsstiftende Schrift des „Volkes Israel“ aufgenommen.


Ähnlich wie der uralten Schöpfungsgeschichte erging es den mythischen Erzählungen über die Patriarchen. Die Wissenschaft ist sich heute einig, dass Abraham, Isaak und Jakob lediglich fiktive Personen sind, mythische Figuren, die in den Pentateuch eingewoben wurden. Das jüdische Volk erhielt so eine Geschichte, die es in Wirklichkeit gar nicht hatte, da es sich aus freigewordenen und entflohenen Unfreien verschiedener untergehender Stadtstaaten entwickelt hat.


Den gesamten Themenbereich hier ausarbeiten zu wollen, würde den Rahmen sprengen. Wer aber mehr darüber lesen möchte (oder meine Aussagen verifizieren), dem seien die folgenden Bücher ans Herz gelegt:

 

  • Manfred Clauss: „Das alte Israel: Geschichte, Gesellschaft, Kultur“, C. H. Beck, München, 2008, ISBN 978-3406445736
  • I. Finkelstein, N. A. Silberman: „Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel“, C. H. Beck, München 2006, ISBN 978-3406555312
  • Peter van der Veen, Uwe Zerbst: „Keine Posaunen vor Jericho ? Beiträge zur Archäologie der Landnahme“, Scm Hänssler, Holzgerlingen 2012, ISBN 978-3775144193
  • Richard Elliot Friedman: „Wer schrieb die Bibel? So entstand das Alte Testament“, Anaconda, Köln, 2007, ISBN 978-3866471443

 

Wenn es also die Patriarchen gar nicht wirklich gegeben hat, ist es natürlich unsinnig, zu glauben, die Überlieferungen, die von ihnen und ihrem Gott berichteten, seien Tatsachen. – Dieser Punkt wird noch einmal wichtig, wenn wir uns zu einem späteren Zeitpunkt mit den „10 Geboten“ beschäftigen. Dort wird nämlich klar gemacht werden, dass auch die biblischen Geschichten über Moses und den Exodus reine Märchen aus identitätsstiftenden Schriften für das sich im Entstehen befindliche jüdische Volk waren.

Symbol für JHWH, den "Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs"

Und spätestens dann wird definitiv: JHWH, Jehova, Allah, Gott oder mit welchem Namen  er immer bezeichnet wird, ist lediglich eine Märchenfigur. Um genau zu sein: Es handelt sich um die seinerzeit von einem Nomadenstamm im Gebiet des südlichen Ostjordanland verehrte lokale Gottheit, die von durchziehenden, vermutlich aus Ägypten entlaufenen Sklaven nach Kanaan gebracht wurde. – Ein Gott von vielen seinerzeit angeblich existierenden und übrigens damals noch nicht unbeweibt. Auch darüber gibt die kleine Literaturauswahl im vorigen Absatz Auskunft.


Der Gott, zu dem die Christen (und natürlich auch die beiden anderen abrahamitischen Religionen) sich bekennen, ist also ganz sicher nicht der in der Bibel bezeugte Schöpfer des Himmels und der Erde… Oder anders ausgedrückt: Den in der Bibel bezeugten Gott gibt es nicht, also können sich die Christen auch nicht zu ihm bekennen. Das Credo ist somit zumindest schon einmal diesbezüglich Mumpitz. Es ist ein Irrglaube.


Die weiteren Bestandteile dieses Glaubensartikels können wir vernachlässigen, da sie bei einem nicht existierenden personalen Gott hinfällig sind. Wer sich dennoch vergewissern will, ob dieser nicht vorhandene Gott allmächtig ist, kann sich ja gerne der Theodizeefrage widmen, die auch kein Christ lösen kann.  – Denn lösbar wird sie ausschließlich dann, wenn die der Lehre zugrundeliegenden Prämissen geändert werden.


Und was die Vaterschaft Gottes anbelangt, so werden wir darauf auf der nächsten Seite auch im Zusammenhang mit dem nächsten Glaubensartikel eingehen:

Ich glaube an Jesus Christus (- klick)


Ich glaube an den Heiligen Geist (- klick)


Kommentare

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  • PieyAnd (Donnerstag, 05. März 2015 18:22)

    Was unsere Kirche tut? Naja, weil sie so grodf ist, ganz vehiersedcne Dinge, die auch gar nicht immer zusammenpassen:- den "bauch"-gesteuerten Glauben betonen, bis das Gehirn abstirbt und der
    Katechismus leer ist - und sich manche fragen, ob sie das gleiche nicht auch anderswo professioneller he4tten bekommen kf6nnen;- den Dialog mit dem Zeitgeist suchen, mit Politikern, Intellektuellen,
    Kfcnstlern - bis sie vergisst, dadf nach dem Ende des Dialogs weitergeglaubt, -gelebt werden mudf und dadf sie weiter glauben und leben mudf in einer "Lebensgemeinschaft" und "Liebesgemeinschaft" mit
    ihrem HErrn Jesus;- die Gnade kostenlos verschenken, aus Angst, sich als Herrin fcber den Glauben aufzuspielen - und vielleicht auch aus Angst, sonst in riesige Auseinandersetzungen mit ihren
    eigenen, getauften Mitgliedern zu geraten;- in neuen, erneuerten Gemeinschaften wie in alten Orden die Flamme bewahren und mf6glichst rein leben - und dadurch fcberraschenderweise ffcr manche,
    viele?, anziehend zu werden.

  • Kornelia (Samstag, 31. August 2013 07:28)

    "JHWH, Jehova, Allah, Gott oder mit welchem Namen er immer bezeichnet wird, ist lediglich eine Märchenfigur"
    Und wenn man sich dann noch vorstellt, wie viele Menschen umgebracht, gefoltert, gemartert, verbrannt, geächtet, versklavt, ausgestoßen wurden - alles im Namen dieser Märchenfigur.
    Und Großeltern machen sich Gedanken, ob man dieses oder jenes Märchen den Kindern vorlesen sollte - es wäre zu grausam. Diese Geschichten aus der Bibel bekommen die Kinder aber vom ersten Tag an
    vorgesetzt.
    Ja, die Theodizeefrage - seit vielen Jahren ist das genau mein größtes Problem mit der Kirchenlehre-Religion gewesen.
    Vom griechischen Philosophen Epikur (ca. 341-270 v.u.Z.) sollen diese Überlegungen stammen:
    Warum sorgt Gott nicht dafür,
    dass es diesen Menschen und Tieren besser geht?
    Kann er nicht, oder will er nicht?
    Wenn er nicht helfen kann, dann ist er nicht allmächtig.
    Wenn er nicht helfen will, dann ist er nicht gütig.
    Wenn er helfen kann und will,
    warum tut er es dann nicht?
    Wenn er es seit jeher kann und will,
    warum hat er es nicht längst getan?
    Warum hat er es dann überhaupt dazu kommen lassen,
    dass es einigen Menschen und Tieren so schlecht geht?

    Vor zwei Tagen hatte ich genau zu diesem Thema ein Gespräch: es läge immer an der Person selbst, wenn es ihr schlecht geht. Glauben könne schließlich jeder und derjenige, der nicht glauben will, der
    muss halt mit den Konsequenzen leben – mir entgegengebracht von einem evangelischen Christen. Das sieht natürlich das verwaiste Kleinkind, das gerade in diesem Moment unter größter Qual stirbt genau
    so. Und die Hühnerküken, die jeden Tag kurz nach dem Schlüpfen geschreddert werden, die hätten halt auch mehr glauben sollen …….. (zwei kleine Beispiele – endlos ergänzbar)

    Nein, es kann „IHN“ nicht geben – auf jeden Fall nicht der Gestalt, wie er in dem Märchenbuch beschrieben wird.

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