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30.08.2013 - (fcs/bt)

Das apostolische Glaubensbekenntnis

(Apostolikum) - Teil 3

konfessionsübergreifend anerkanntes Credo der Christen

Ich glaube…

 

… an den Heiligen Geist, die heilige apostolische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

 

Dieser 3. Abschnitt des Apostolikums wird uns viel Arbeit machen. Wir haben es nämlich nicht mehr mit nur einer Figur zu tun, sondern darüber hinaus mit einer Aufzählung von fünf Stützpfeilern der christlichen Lehre, die trotz Allgemeinverständlichkeit des Beitrags eine Berührung mit der Welt der Philosophie aber auch der der Naturwissenschaften erforderlich machen. Insbesondere die Punkte Auferstehung der Toten und ewiges Leben werden zu Kontroversen führen. Ich bin sicher, auch von denjenigen, die nicht wirklich oder überhaupt nicht christgläubig sind, Widerspruch zu erfahren. Sich von der Vorstellung, dass man nach seinem Tod als personales Geistwesen in einer anderen, besseren Welt weiterlebt, zu verabschieden, fällt schwer. – Vielleicht tröstet der Gedanke, dass, da nach der jetzigen Existenz nichts Besseres nachkommt, wir es uns jetzt und hier so schön machen sollten, wie es uns gefällt! Dass wir uns nicht einreden lassen sollten, irgendetwas, was Lust macht sei Sünde, jedenfalls solange nicht, wie es um Vergnügen und Lustbefriedigung geht, die keinem Menschen (auch uns selbst nicht!) schaden und niemanden  in seinem Menschsein verletzen.

 

Hedonismus? Ja klar! Na und? – Wem nützt es schließlich, wenn ich ein schlechtes Leben lebe?

 

Um einen alten Neuapostoliken-Spruch umzukehren und auf richtige Füße zu stellen:
„Lerne im Diesseits zu genießen, was Dir nach dem Leben verwehrt sein wird, da es kein Jenseits gibt!“

 

Das als kleiner Vorgeschmack und nun zurück zum 3. Abschnitt des apostolischen Glaubensbekenntnisses:

Taube des Heiligen Geistes, Maler: Gian Lorenzo Bernini (1598-1680)

Ich glaube an den Heiligen Geist…

 

… behaupten die Christen von sich. Aber auf die Frage, was es mit diesem Heiligen Geist auf sich hat, kommen merkwürdig verschwommene Antworten. Einig sind sich diese Leutchen scheinbar darin, dass der Heilige Geist ein Teil der sogenannten „Dreieinigkeit“ ist, und dass er nach dem Tod des Mannes, den sie fälschlicherweise für den Gründer ihrer Religion halten, Jesus von Nazareth, von diesem zum Trost für seine Abwesenheit zu ihnen, also den Christen, gesendet worden sei.
Fragt man dann weiter, was denn vorher mit diesem Heiligen Geist gewesen sei, herrscht Schweigen.

 

Wiewohl dieser „Heilige Geist“ als Gottheit betrachtet wird und sich sogar ein Wissenschaftliches Fachgebiet (die Pneumatologie) um ihn gebildet hat, widerfährt ihm keinerlei Huldigung oder Anbetung. Man beruft sich allenfalls auf ihn. – Sogenannte Geistliche sprechen ihre Gebete im Namen der Trinität, führen Handlungen im Namen der Trinität durch, gebärden sich also als jemand, der stellvertretend für die Trinität, und damit auch für den Heiligen Geist agiert. Ärger noch: Gerade in den Amtskirchen (z.B. bei den Neuapostoliken) wird behauptet, dass bestimmte Menschen nach Belieben über den Heiligen Geist verfügen könnten. Erst jüngst ist uns ein Pamphlet der NAK-Jugend Berlin-Brandenburg  in die Hände gelangt, in welchem es heißt, die Führungsfunktionäre dieser Sekte, die sogenannten Apostel, könnten den Heiligen Geist spenden, wodurch Menschen zu Gotteskindern würden. Das mit den Gotteskindern kennen wir übrigens auch aus den Sagen des klassischen Altertums, dort nannte man sie Halbgötter. Und in der Tat, ist es, zumindest unter der Annahme es gäbe Götter usw., logisch, dass, wenn ein Aspekt einer Gottheit auf einen Menschen übertragen wird, dieser Mensch teilweise zu einem Gott wird. Wenn, falls, … - damit ist aber leider kein Krieg zu gewinnen und auch keine Auseinandersetzung mit geistigen Waffen. Schon gar nicht, wenn es um den Heiligen Geist geht, dessen Existenz abhängig ist von der Existenz eines in Wahrheit nicht existierenden Gottes.

 

Lustig in diesem Zusammenhang: Zwar stimmen die Funktionäre der Amtskirchen, die für sich die sogenannte „apostolische Sukzession“ reklamieren, als z.B. die Bischöfe der Katholiken sowie Orthodoxen und die Apostel der  Neuapostoliken darin überein, dass sie eine Verfügungsgewalt über den Geist Gottes (denn etwas anderes ist der Heilige Geist nicht, wie wir sehen werden) haben und diesen weitervermitteln können, sind sich aber irgendwie nicht wirklich über den modus operandii im Klaren:

 

Während die Neuapostoliken behaupten, dies geschehe lediglich durch Handauflegung und gleichzeitigem Gebet eines lebenden Apostels, behaupten die Katholiken, es sei zusätzlich notwendig, mit einem vom Bischof geweihten Salböl, ein Kreuz auf die Stirn zu zeichnen und dabei zu sprechen: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.“ – Noch aufwändiger ist das Procedere bei den Orthodoxen:  Dort salbt der Bischof mit dem geweihten Salböl die Augen, die Nasenflügel, den Mund, die Ohren, die Brust, die Hände und die Füße und spricht anschließend: „Siegel der Gabe des Heiligen Geistes“…

Einigkeit herrscht darüber, dass dieser Vorgang eine Ver- oder Besiegelung sei; gemeinsam ist allen, dass sie ihre eigene Bibel nicht kennen! Denn über die angebliche (bleiben wir bei diesem irreführenden Begriff) Versiegelung der ersten Jesus-Jünger lesen wir, dass es durch simples Pusten geschieht. Der Text in Johannes 20, 19-23 (- klick) lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig, denn dort heißt es:

„Wüstenwind“ Jaroslaw Zadorecki 1991, Bleistift auf Papier, 40 x 60 cm

(Zitat) „Die Vollmacht der Jünger:

 

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!

23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ (Zitatende)

 

Ganz wichtig in diesem Zusammenhang: Wir sehen, dass der biblischen Überlieferung zufolge mit der Versiegelung eine wichtige christliche Vollmacht verbunden ist… Wer versiegelt ist, ist berechtigt Sünden zu vergeben!

 

Der Übertragungsweg des Anpustens macht übrigens Sinn, wenn wir uns die in der Bibel der Juden und Christen überlieferte Geschichte des Heiligen Geistes anschauen:

 

Zum einen verweist dieses Anpusten/Anblasen nämlich auf die Schöpfungsgeschichte „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.“ [1. Mose 2, 7 (- klick)), zum anderen aber auch auf die (wie Adolf Holl es nennt) Ausatmungen des Allerhöchsten, die  rûaḥ Jahu, die seit alters her die Propheten belebten.

 

„Geist“ ist nämlich lediglich die Übersetzung der alten Germanen für das griechische „Pneuma“ (lat. „Spiritus“). Und das griechische Pneuma ist eine Übersetzung des hebräischen „rûaḥ“ = „ruach“ und hat die ursprüngliche Bedeutung „Luft in Bewegung“. Und „Ruach“ heißt in der Bibel der Juden auch der glühende Wind aus der arabischen Wüste. Im Johannesevangelium ist diese urtümliche Sinnlichkeit, die so gar nichts mit dem langweiligen „Geist“ der Germanen zu tun hat, zumindest im griechischen Original noch vorhanden, in der Luther-Übersetzung heißt es gemäßigt:

 

„Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.“ [Joh. 3, 8 (- klick)]

 

Bei Johannes ist der Heilige Geist, die Ruach Jahu, ein heißer Sturmwind, der aus der Person, die ihm ausgesetzt ist, einen neuen Menschen macht. Und so ist das an allen 378(!!) Stellen im Tanach, in denen die Ruach auftritt. Immer geht es um radikale Änderungen von Abläufen, Gemütern um Ekstasen, um Weissagungen, Visionen und Wahrträumen.

Wir sehen also, dass der Heilige Geist nicht, wie es von vielen Christen immer noch gerne behauptet wird, etwas spezifisch Christliches ist, das erst nach der angeblichen Himmelfahrt des Jesus von Nazareth auf die Menschen gekommen ist! Der Geist Gottes, der Heilige Geist war, wenn man den Überlieferungen der Abrahamiten glauben will (und Christen müssen das ja wohl), schon immer unter den Menschen aktiv und musste nicht erst von Jesus als Tröster, von dem bereits in Joh. 14, 16 u. 26 (- klick), sowie Joh. 15, 26 (- klick) die Rede ist, geschickt werden, wie die Ereignisse um die Himmelfahrtsmär glauben machen:

 

„Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden.“ [Joh. 16, 7 (- klick)]

Die linke Hand Gottes

Vgl. dazu auch:

Adolf Holl „Die linke Hand Gottes“, erschienen 1997 bei List, München, ISBN: 978-3-47179-330-5 [Bild rechts]

 

Es lässt sich also einigermaßen definieren, wer und/oder was das sein soll, Heiliger Geist: Wenn man schon zur Erklärung von Naturphänomenen einen Gott erfunden hat, und dieser Gott sich dann niemals zeigt oder äußert, so will man wenigstens glaubhaft machen, auf welche Weise er seine sprechenden Münder beeinflust. Und wenn man einmal beobachtet hat, dass der heiße Wüstenwind mit seinem Brausen die Leute „narret“ macht, so ist der Gedanke naheliegend, dass ein Gott mit seinem Atem aktiv geworden ist.

 

Aber wie kam diese Pneuma, dieser Atem Gottes dazu, zur eigenständigen Teil der göttlichen Trinität erhoben zu werden?

 

Das könnte damit zu tun haben, dass laut Matthäus und Lukas, der Heilige Geist bereits bei dem Akt, mit dem Jesus von Nazareth gezeugt wurde, im Spiel war.  - In Lukas 1 (- klick) lesen wir die Ankündigung des unehelichen Beischlafs:

„35 Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“

 

und in Matthäus 1 (- klick) die Erklärung an den gehörnten Verlobten von Jesus‘ Mutter, dem Zimmermann Josef:

„20 Als er das noch bedachte, siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist.“

 

Eine Schlüsselstelle, auf die sich später dann auch Basilius bei seiner „Theologie vom Gottsein des Heiligen Geistes“ berufen wird, finden wir bei Johannes  4 (- klick) im Gespräch zwischen Jesus von Nazareth und der Samariterin am Brunnen von Sychar:

„23 Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben.
24 Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“

 

Und tatsächlich hat diese späte Schrift von Basilius dem Großen, im Bekenntnis der Christenheit, dem Nicäno-Konstantinopolitanum, ihren Niederschlag gefunden. Der Heilige Geist wurde zum Teil der trinitarischen Gottheit der Christen, die sich aber bis heute uneinig über diesen Aspekt der Dreieinigkeit sind. Stichwort „Filioque-Streit“, erdedigt ist der nämlich noch nicht…

 

Vgl. dazu auch:

Klaus Vogt, Thomas Schirrmacher (Hg.). Das „filioque“ – ein unerledigter Streitpunkt der Weltchristenheit. Jahrbuch des Martin Bucer Seminar – ISSN 1610-7241. Band 11 (2011) (erschienen 2012 bei Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn)  ISBN 978-3-86269-045-9

 

Ich kann an dieser Stelle nur noch den Kopf schütteln und mich darüber wundern, um was Menschen sich Gedanken machen. Denn angesichts der Tatsache, dass alles, was wir bisher an Nachweisen über die Existenz Gottes und die Gottes-Sohnschaft des Jesus von Nazareth gehört haben, nicht nur höchst spekulativ, sondern zumeist völlig aus der Luft gegriffen ist, spielt die akademisch-philosophische Frage, ob der Heilige Geist nun von Gottvater allein oder gleichzeitig auch von Gottsohn ausgeht, überhaupt keine Rolle. Sie ist ebenso überflüssig und haarspalterisch wie die Frage nach Konsubstantiation und Transsubstantiation. Angesichts der bibel- und naturwissenschaftlichen Tatsachen schlicht blödsinnig…

 

Sicher gibt es Menschen, deren feuriger menschlicher Geist  für einiges Charisma sorgt, aber oft genügt dazu auch ein wenig Weingeist oder ein sonstiges Rauschmittel. Was nun immer bei den Schwarmgeistern in der Urchristenheit und in Zeiten des Alten Testaments auch eine Rolle gespielt haben mag: Ein Geist Gottes, ein Heiliger Geist existiert sicher nicht. Warum also sollte man an den Heiligen Geist glauben?

Auch das ist Kirche: Der Großinquisitor Thomas de Torquemada

Ich glaube an die Heilige Apostolische Kirche…

 

An die Apostolizität ihrer Kirche dürfen viele Christen nun tatsächlich glauben! Vorausgesetzt, die Führungsfunktionäre ihrer jeweiligen Kirche stehen in der sogenannten apostolischen Sukzession. Denn die von den mutmaßlichen Jesusjüngerinnen und -jüngern, den sogenannten Apostelinnen und  Aposteln ins Leben gerufenen Nachfolge-Organisationen sind eben durch diese Frauen und Männer apostolisch. Dabei ist der Begriff Kirche allerdings nicht konfessionell zu verstehen, sondern konfessionsübergreifend als die Gemeinschaft aller Christen die, wie bereits erwähnt, in der apostolischen Sukzession stehen. Fehlt diese apostolische Sukzession, wie z.B. bei der Neuapostolischen Kirche, deren Führungsfunktionäre sich zwar Apostel nennen, denen aber jedwede apostolische Legitimation/Sukzession fehlt, handelt es sich definitiv nicht um eine apostolische Gemeinschaft. Eine solche Organisation ist nicht Kirche an sich, Ihre Mitglieder sind somit nach dem Verständnis der Notae ecclesiae keine Glieder am Leibe Christi, also keine Christen!

 

Ob die Kirche, die gemeint ist, aber heilig ist? Meines Erachtens hat sich das Christentum, spätestens von dem Moment an, als es römische Staatsreligion wurde, als vollkommen unheilig, nämlich rachsüchtig und blutgierig erwiesen – zu allen Zeiten hat die Gemeinschaft der Christen andersdenkende, auch solche aus den eigenen Reihen mit brutaler Härte vernichtet. Selbst heute noch trifft das zu, wenn auch in den modernen westlichen Staaten nicht mehr so blutig, wie es in der Geschichte der Christenheit überliefert ist. Und dieses Problem ist allen Konfessionen gemeinsam, denn sie alle kommen aus einer Wurzel.

Ein gemeinsames  Problem sind aber auch die offensichtlichen Mängel und Verfehlungen der jeweiligen Repräsentanten und Amtsträger. Mit der geglaubten Heiligkeit ist all dies vollkommen unvereinbar.

 

Dennoch behaupten die Christen konfessionsübergreifend, dass die Kirche unabhängig von den geschilderten Problemen, durch das Evangelium, welches durch sie verkündet würde, und durch die in der Eucharistie angeblich Wirklichkeit werdende Gegenwart Christi in ihr heilig sei.

So ist übrigens auch die Bezeichnung „Kirche“ entstanden…  Die Kirche (griechisch ἐκκλησία ekklēsía, lateinisch ecclesia, die ‚Herausgerufene‘) versteht sich nämlich als die Gemeinschaft derer, die von Jesus Christus durch das Evangelium aus der Welt herausgerufen wurden, sich im Gottesdienst um ihn versammeln und von ihm zum Glaubenszeugnis und Dienst der Liebe gesandt werden.

 

Vgl. dazu auch:

  • Medard Kehl „Die Kirche: Eine katholische Ekklesiologie“, 4. Aufl. ersch. Juni 2009 bei J.H.Röll Verlag, Dettelbach (b. Würzburg), ISBN: 978-3-89754-330-0
  • Ralf Miggelbrink „Einführung in die Lehre von der Kirche“, ersch. 2003 bei Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, ISBN: 978-3-53416-321-2
Gemeinde der Heiligen

Da der Wanderprediger Jesus von Nazareth gemäß der Quellenlage keinesfalls eine Kirche gründen wollte, und auch keine gegründet hat, ist der Status „Kirche“ der Christen, selbst derjenigen die in apostolischer Sukzession stehen, abzulehnen. Selbst vom Namen her, denn eine „Herausrufung ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Quellenlage nach, hat der Nazarener allenfalls einmal ein paar Dutzend seiner Anhänger zu Missionierungszwecken ausgeschickt. Alles andere, was Christen für sich in Anspruch nehmen, ist nicht verifizierbar. Und damit ist auch der Anspruch der Heiligkeit in Frage zu stellen.

Die christlichen Konfessionen von heute sind also, egal ob einzeln oder in ihrer Gesamtheit weder Kirche, noch Heilig – und apostolisch sind auch nur wenige Konfessionen. 

 

Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen…

 

Gemeinschaft der Heiligen meint die Gemeinschaft aller Getauften, und geht über den Begriff der Kirche hinaus. Während die Christen unter „Kirche“ die Gesamtheit der lebenden „Gotteskinder“ verstehen, gehören zur „Gemeinschaft der Heiligen“ nicht nur die derzeit lebenden, sondern auch die bereits verstorbenen Christen und auch „alle Menschen guten Willens“.

 

Vgl. dazu auch:

Karl Rahner „Grundkurs des Glaubens (Einführung in den Begriff des Christentums)“, 2. Aufl. ersch. Febr. 2008 bei Herder-Verlag, Freiburg, 978-3-45128-822-7

 

Zunächst eine Randbemerkung zu den Menschen guten Willens: „… et in terra pax hominibus bonae voluntatis“ heißt es in der Vulgata bei Lukas 2,14 (- klick); daraus wurde in der Deutschen Einheitsübersetzung  „… Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens“. Ich selbst würde „Menschen guten Willens“ also eher als die „Menschen Seines (also Gottes) Guten Willens“ einstufen. Womit denn auch klar ist, dass dieser Begriff Mumpitz ist – denn ohne Gott kein Wille Gottes, auch kein guter…

 

Und was ansonsten zur Gemeinschaft der Heiligen zu sagen wäre, ist im Grunde genommen bereits beim Thema Kirche gesagt worden – und das gilt auch für die verstorbenen Christen, die sich ja während ihres Lebens der in Wahrheit nicht existierenden Kirche zugehörig gefühlt haben.

 

Die Gemeinschaft der Heiligen ist eine Fiktion! Und an eine Fiktion zu glauben, ist schlicht verrückt… ein Fall für den Psychiater.

Taufe Jesu - Gemälde v. J. Patinir (1480-1524)

Ich glaube an die Vergebung der Sünden…

 

Vergebung der Sünden – Aber was ist das eigentlich, eine Sünde. Und was bedeutet Vergebung? Vielleicht kommen wir dem Begriff Sünde auf die Spur, wenn wir zunächst den Begriff „Vergebung“ definieren?

 

Synonyme für „Vergebung“ sind: Absolution, Amnestie, Barmherzigkeit, Begnadigung, Entschuldigung, Erbarmen, Freisprechung, Lossprechung, Milde, Nachsicht, Verständnis, Verzeihung.
Nach dem
Deutschen Wörterbuch (- klick) von Jakob und Wlhelm Grimm bedeutet die Bitte um Vergebung „hingeben zur Erlassung einer Strafe“. Eine Strafe ist aber eine Sanktion (von lat. „sanctio“ = Heilung, Anerkennung, Bestätigung, Billigung), also ein Wiedereinsetzen in den Stand des Rechts, bzw. der Unschuld nach einem Verstoß gegen eine Rechtsnorm.

 

Eine Sünde ist also im Grunde genommen ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm, der mir vergeben werden kann, für den ich möglicherweise aber auch sanktioniert werde, um so wieder in den Stand der Unschuld, also Schuldfreiheit versetzt zu werden. So oder so schulde ich demjenigen, gegen dessen Rechtsnorm ich verstoßen habe, danach nichts mehr.

 

Im täglichen Leben ist das etwas völlig Normales. Zum einen muss sich eine Gesellschaft, in der mehrere Menschen zusammenleben, bestimmte Rechtsnormen schaffen, um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Rechtsnormen können logischerweise auch nur von dieser jeweiligen Gesellschaft sanktioniert werden. Voraussetzung für diese Sanktionierung durch die Gesellschaft ist, dass beraten wird, ob ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, und, wenn ja, wie dieser Verstoß zu sanktionieren ist.

 

Wir in Deutschland kennen das aus dem Strafgesetzbuch. Und von dort kennen wir eine Unterscheidung bei den Verstößen gegen diese Rechtsnormen, wir nennen sie Straftaten: Nicht in jedem Fall wird die Gesellschaft bei Straftaten tätig – das geschieht ausschließlich bei sogenannten Offizialdelikten. Dies sind Straftaten, deren Verfolgung in einem besonderen öffentlichen Interesse liegt. Eine Vergebung, also ein Straferlass, bzw. ein Freispruch von Strafe, ist in diesem Falle ausgeschlossen; vorausgesetzt natürlich, das Begehen der Straftat wurde tatsächlich nachgewiesen.

Justitia

Etwas anderes sind die Antragsdelikte. Hier muss die Person, die glaubt, dass ihre Interessen durch einen Verstoß gegen eine Rechtsnorm verletzt wurden, beantragen, dass
a) untersucht wird, ob eine Straftat vorliegt und
b) falls eine Straftat vorliegt der Täter sanktioniert wird.

Aber: Derjenige, dessen Interessen verletzt wurde, kann dem Täter auch vergeben. Daran geknüpft ist im Normalfall, dass der Täter einsieht, die Interessen des Geschädigten verletzt zu haben, dass er diese Tat bereut, nach Möglichkeit versucht, sie wiedergutzumachen und den Geschädigten bittet, ihm zu verzeihen.

Einfach zu sagen: „Entschuldigung, tut mir leid“ genügt also in aller Regel nicht, um Vergebung zu erlangen. Natürlich kann derjenige, dessen Interessen verletzt wurden auch ohne (tätige) Reue des Täters diesem vergeben, wir sprechen dann von einem Gnadenakt.

Allerdings geht es auch nicht, dass jemand vorgibt, seine Interessen seien verletzt worden (vielleicht glaubt er das ja sogar), und dann gleichzeitig großmütig eine Vergebung ausspricht. Der angebliche Täter muss dies nicht hinnehmen, sondern hat das Recht, prüfen zu lassen, ob wirklich ein strafwürdiges Verhalten vorgelegen hat – er macht dann eine Selbstanzeige.

 

Soviel grob zusammengefasst zum geltenden Strafrecht in unserer Gesellschaft (einen Ausflug in das Zivilrecht mit seinem dicken "Bürgerlichen Gesetzbuch" sparen wir uns, um die Leser nicht zu sehr zu langweilen). Allerdings fragt es sich, was das Ganze mit der Theologie zu tun hat…

 

Eine Sünde ist ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm… Das haben wir bereits herausgefunden. Aber gegen wessen Rechtsnorm sollte verstoßen worden sein?

 

Gegen die derjenigen Glaubensgemeinschaft, der man jeweils angehört? Die ist aber doch Teil der Gesellschaft, müsste die Sünde also durch die Gesellschaft ahnden lassen, möglicherweise zivilrechtlich wie einen Vertragsbruch.

Warum sollte man an die Vergebung der Sünden glauben, wenn keine verbindlichen Rechtsnormen vorliegen, gegen die man verstoßen könnte?

 

Nehmen wir der Einfachheit halber einmal an, es gäbe den Gott der Bibel. Können wir gegen irgendwelche Rechtsnormen oder Regeln von ihm verstoßen? Grundsätzlich müssten diese von ihm verbindlich festgelegten Rechtsnormen dann für alle von ihm geschaffenen Lebewesen gelten, und damit sie Geltung erlangen, müssen sie allen von ihm geschaffenen Lebewesen bekannt gemacht werden (ähnlich wie ein Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden muss). Und hier müssen wir bereits feststellen, dass es einer Rechtsverbindlichkeit mangelt.

 

Es gibt kein allgemeingültiges Recht, außer den in der Natur des Menschen liegenden humanistisch-ethischen-Regeln, die obwohl ungeschrieben, jedem Menschen bekannt sind und stillschweigend über ethnische Grenzen hinweg übereinstimmend Geltung haben, obwohl nie eine entsprechende gegenseitige Absprache stattgefunden hat.  Dieses Recht hat aber den Mangel, dass es ausschließlich für das Säugetier Mensch gilt, nicht aber über die Artenschranke hinweg für alle beseelte Schöpfung Geltung hat, wie es notwendigerweise erforderlich wäre, wenn ein Verstoß dagegen eine Sünde sein soll.

 

Aber auch wenn wir uns anschauen, was jenseits der Vernunft die abrahamitischen Theologien (außerhalb Judentum, Christentum und Islam ist der Begriff nämlich unbekannt) zum Thema Sünde sagen, werden wir feststellen, dass die entsprechenden Regeln nicht rechtsverbindlich sein können, da sie für lediglich ca. 53,5% der aktuell lebenden Menschen gelten würden, wenn sie denn wenigstens bei allen drei Religionen übereinstimmen würden.  – Da es in diesem Gesamtbeitrag um das für alle Christen verbindliche Credo geht, schauen wir uns lediglich den Sündenbegriff der Christenheit an (die allerdings bloß rd. 31,8% der Menschheit stellen):

„Sünde, vom Tod verfolgt“ (entst. 1794-1796) Maler: Johann Heinrich Füssli

Aus christlicher Sicht bezeichnet Sünde „den durch den Menschen verschuldeten Zustand des Getrenntseins von Gott und Straftaten gegen die Gebote Gottes“. Das vom Menschen verschuldete Getrenntsein von Gott kam der Bibel [vgl. 1. Mose 3 (- klick)] zufolge durch den Sündenfall zustande.

Nun liegt es aber auf der Hand, dass die Übung mit dem Sündenfall Quatsch ist! Die biblische Schöpfungsgeschichte ist längst widerlegt – sie ist nichts anderes als die dem damaligen Wissen entsprechende, in menschlichen Köpfen entstandene, Erklärung für das Dasein der Schöpfung und des Menschen in der Schöpfung. Die Vorstellung vom Paradies ist nichts anderes als die in Erzählungen tradierte Erinnerung an das grüne Eden (sumerisch = Steppe);  und die Vertreibung aus dem Paradies trifft historisch auf die Änderung der Verhältnisse zu, wie sie laut Feststellung der Klimaforschung am Ende der letzten Eiszeit in der Levante erfolgten: Die einst grüne Steppe trocknete aus und zwang die Menschen zum Ackerbau.

 

Es hat also nie ein Sündenfall stattgefunden und schon gar nicht hat der Mensch irgendwie ein Getrenntsein von Gott verschuldet. Wenn die Sündendefinition bis zu diesem Punkt Quatsch ist, bedeutet das allerdings noch nicht, dass es keine Gebote Gottes geben kann, gegen die der Mensch schuldhaft verstoßen könnte.

 

Wichtig: Wenn wir uns den von den Christen behaupteten Geboten gedanklich nähern, müssen wir uns immer auch daran erinnern, dass diese eigentlich, wenn schon nicht für alles Leben, so doch zumindest für die gesamte Menschheit gelten müssten, und nicht nur für deren Hälfte. Aber sei’s drum… was ist das nun mit diesen Geboten?

 

Den Christen ist das Thema so wichtig, dass sie eine komplette regelrechte Wissenschaft dazu aufgebaut haben: Die Hamartiologie, die Lehre von der Sünde. Diese Wissenschaft bezieht ihre wichtigsten Aussagen aus Texten des Alten und des Neuen Testaments der Bibel. Im Alten Testament bilden im Wesentlichen die „10 Gebote“ die Aussagenbasis. Und damit können wir einen großen Haken hinter die göttlichen Gebote des Alten Testaments machen, denn das müssen zwangsläufig menschliche Regeln sein:

 

Wenn wir der Bibel glauben, sind diese Gebote dem Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten während des Zuges durch die Wüste bei der Ankunft am Berge Sinai von Gott selbst dem Volk Israel verordnet worden.  Und das ist unmöglich, da der Exodus nie stattgefunden hat, das Volk Israel nie durch die Wüste gewandert ist und da – ganz wichtig - der in der Bibel überlieferte Moses nie existiert hat.

Das macht die 10 Gebote nicht falsch… zumindest nicht, soweit es nicht um die Bestimmungen zur Verehrung von JHWH geht. Das Feiertagsgebot zur Schonung der arbeitenden Bevölkerung allerdings ist okay. Und ab dem 4. Gebot? Lauter normale Regeln, die das Zusammenleben in der Gesellschaft erleichtern. Nur sind es eben keine göttlichen Gebote, gegen die zu verstoßen eine Sünde wäre. Und damit können wir sie in unseren Überlegungen vernachlässigen.

 

Bleibt das Neue Testament. Hier werden allerdings keine Gebote aufgezählt, sondern einige Sünden konkret genannt: Entweihung des Tempels [Mk 11,15–18 (- klick)], Heuchelei [Mt 23,1–36 (- klick)], Habsucht [Lk 12,15 (- klick)], Gotteslästerung [Mt 12,22–37 (- klick)], Ehebruch [Mt 5,27–32 (- klick)], Prahlerei [Mt 6,1–18 (- klick)].

 

Also wirkliche Sünden erkenne ich darin nicht. Gotteslästerung… dazu müsste es diesen Gott geben; Entweihung des Tempels… ohne Gott ein von Menschen errichtetes Gebäude; der Rest… zwischenmenschliche Ärgernisse. So what?

Ruf der Sünde (Wolfgang Dangl)

Sofern sich jemand tiefer in den an sich närrischen Begriff Sünde einarbeiten will, so empfehle ich dazu einige theologische Arbeiten die im Neukirchener Verlag, Neukirchen Vluyn, erschienen sind:

  • Michael Beintker et al.: „Sünde und Gericht“, 1994, ISBN 3-7887-1500-6
  • Sigrid Brandt et al.: „Sünde - Ein unverständlich gewordenes Thema“, 1997, ISBN 3-7887-1568-5
  • Hanns-Stephan Haas: „Bekannte Sünde“ (Eine systematische Untersuchung zum theologischen Reden von der Sünde in der Gegenwart), 1992, ISBN 3-7887-1409-3
  • Wolf Krötke „Sünde und Nichtiges bei Karl Barth“,  1983, ISBN 3-7887-0702-X

 

Ich wiederhole und erweitere meine weiter oben gestellte Frage: Warum sollte man an die Vergebung der Sünden glauben, wenn es keine Sünden gibt, sondern allenfalls Verstöße gegen gesellschaftliche Rechtsnormen, die aber der Ahndung durch die Gesellschaft (Urteil im Namen des Volkes) unterliegen?

 

Aber gut: Tun wir noch einmal so, als gäbe es Gott, als habe es den biblischen Sündenfall gegeben, als gäbe es göttliche Gebote, als sei Jesus von Nazareth ein Halbgott oder eine Inkarnation Gottes (gewesen), als habe der Opfertod dieses Gottessohnes stattgefunden…

 

Nach allem, was ich von der christlichen Theologie weiß, ist es doch so, dass Gott selbst sich durch seine Menschwerdung in Jesus von Nazareth bis hin zur letzten Konsequenz des Kreuzestodes als letztes und endgültiges Opfer dargebracht hat. – Und das heißt, dass Gott sich aus Liebe dem Menschen unumkehrbar hingegeben hat, sich mit dem Menschen für alle Ewigkeit gültig versöhnt hat. Sofern ich bis hierher etwas falsch verstanden habe, bitte ich um Korrektur – da ich kein Christ bin, ist ein Irrtum nicht ausgeschlossen…

 

Wenn also ein Mensch akzeptiert, dass Gott sich mit ihm versöhnt hat, die aus dem Sündenfall resultierende Erbsünde also abgewaschen ist (um den christlichen Taufbegriff zu verwenden), dann gibt es für ihn den Begriff der Sündenvergebung nicht, weil ja alle seine Sünden bereits vergeben sind. Dieser Mensch bekennt sich dann zu Gott und dem Opfer Gottes und kann die einzigen Sünden, die er als Bekenner Gottes begehen könnte, automatisch nicht mehr begehen: Nämlich Gott nicht als seinen Gott zu betrachten und andere Götter neben ihm zu haben. Und alles andere, was ein Mensch an Übertretungen begehen könnte, unterliegt der gesellschaftlichen Sanktion. – Soweit durch eine solche Übertretung das Verhältnis zu Gott gestört worden sein könnte, ist auch sie vergeben, wenn der „Sünder“ diese Übertretung bereut und das in der Übertretung begangene Unrecht an seinem Mitmenschen bzw. der Gesellschaft, wenn möglich wiedergutmacht.

Opfertod Jesu: "Christus am Kreuz", Albrecht Dürer, Öl auf Konifere, entst. ca. 1494-1497

Eine Sündenvergebung ist dann unnötig und allenfalls ein Akt zwischen den Menschen. Es bedarf also keiner Zwischeninstanz zwischen Gott und dem betreffenden Menschen um die Sünde zeitlich zu vergeben.

 

Sollte dieser Passus im christlichen Credo also einen Sinn haben, dann nur den, zum Ausdruck zu bringen, dass den gläubigen Christen von Hause aus alle Sünden vergeben sind… Da das aber sehr überheblich gegenüber 2/3 der Menschheit ist, warum sollte man ausgerechnet das bekennen?

 

Dieser Passus im Credo ist nämlich nahezu faschistisch: Die Christen betrachten sich als über den Rest der Menschheit hinausgehoben, womit sie 2/3 der Menschheit als zwischen den Christen und dem Tierreich stehend betrachten.

Anders wäre das nur dann, wenn sie davon ausgehen, dass alle Menschen diesen Schritt hin zum Christentum tun können, dass diese Menschen grundsätzlich in der Lage sind, vom christlichen Glauben wissen zu können und diesen Glauben glauben zu können. – Wenn das aber so ist, dann darf die christliche Eschatologie nicht mit einer Naherwartung verknüpft sein, mit einer „Verkürzung der Zeit“, sondern darf sich ausschließlich (wie es vom Wortsinn her ja auch logisch ist) auf die Vollendung eines jeden einzelnen Menschen hin zu Christus (womit aus christlicher Sicht das Reich Gottes vollendete Gegenwart auf Erden ist) beziehen.

 

Letztlich erfordert der Glaube an die Vergebung der Sünden also das Gegenteil vom Glauben an irgendeine Entrückung, oder ähnliche letzte Dinge, wie die verschiedenen Sekten des Christentums sie erfunden haben: Das von den Christen erfundene und bekannte Reich Gottes vollendet sich auf der Erde unter Beteiligung aller Menschen… oder nie. Ich bin überzeugt davon, dass Letzteres der Fall ist.

 

Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

 

Hier wird’s jetzt spooky… möglicherweise queer. Wer mag sich vorstellen, dass die Toten aus Ihren Gräbern hervorkommen? Hat schon einmal jemand der Exhumierung einer Leiche nach einer längeren Liegezeit beigewohnt? Das ist erst dann ein erträglicher Anblick, wenn alles außer dem Skelett völlig verwest und zu Humus umgebaut ist. (Darauf werden wir noch einmal zurückkommen)

Auferstehung der Toten , Michelangelo Buonarroti, 1535–1541, Teil eines Freskos i.d. Sixtinischen Kapelle

Allerdings geht die christliche Vorstellung wohl davon aus, dass die Toten im Augenblick der Auferstehung nicht mit ihrem natürlichen Leib erscheinen werden, sondern mit einem geistlichen Leib. Zumindest legt das die einzige als vermutlich authentisch betrachtete Quelle aus der Zeit des Vorchristentums, die sich mit der Auferstehung befasst, nämlich der 1. Korintherbrief, den der selbsternannte Apostel Saulus von Tarsus und dessen Begleiter Sosthenes geschrieben haben, nahe.
So heißt es im
15. Kapitel (- klick) des 1. Korintherbriefes unter der Überschrift „Der neue Leib bei der Auferstehung“:

 

(Zitat) „35 Es könnte aber jemand fragen: Wie werden die Toten auferstehen und mit was für einem Leib werden sie kommen?

36 Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt.

37 Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, sei es von Weizen oder etwas anderem.

38 Gott aber gibt ihm einen Leib, wie er will, einem jeden Samen seinen eigenen Leib.

39 Nicht alles Fleisch ist das gleiche Fleisch, sondern ein anderes Fleisch haben die Menschen, ein anderes das Vieh, ein anderes die Vögel, ein anderes die Fische.

40 Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen und eine andere die irdischen.

41 Einen andern Glanz hat die Sonne, einen andern Glanz hat der Mond, einen andern Glanz haben die Sterne; denn ein Stern unterscheidet sich vom andern durch seinen Glanz.

42 So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich.

43 Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft.

44 Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib.

45 Wie geschrieben steht: Der erste Mensch, Adam, »wurde zu einem lebendigen Wesen« [1.Mose 2,7 (- klick)], und der letzte Adam zum Geist, der lebendig macht.

46 Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; danach der geistliche.

47 Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der zweite Mensch ist vom Himmel.

48 Wie der irdische ist, so sind auch die irdischen; und wie der himmlische ist, so sind auch die himmlischen.

49 Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, so werden wir auch tragen das Bild des himmlischen.“ (Zitatende)

 

Ohne Haarspaltereien lassen diese Aussagen des eigentlichen Gründers des Christentums nur einen logischen Schluss zu:

 

Es gibt kein Weiterleben nach dem Tode bis zum Tag der Auferstehung. Und an diesem Tag der Auferstehung werden nicht die Toten mit ihren irdischen Leibern aus den Gräbern steigen, sondern es werden ausschließlich die geistigen (geistlichen) Leiber geweckt.

„Das Tor zum Jenseits“ Kurt Regschek, 1959

Und damit widerspricht Paulus einem uralten (seit Menschengedenken) existierenden Mythos: Vermutlich seit der Mensch weiß, dass sein Leben endlich ist, hat er sich mit dem Gedanken getröstet, dass die irdische Zeitlichkeit lediglich einen Teil seines Lebens ausmache und dass er dannin einer anderen Welt (der Anderwelt – wir würden heute sagen in einem transzendenten Raum, möglicherweise Paralleluniversum) weiterexistiert. – Diese Idee des ewigen Lebens ist nichts christliches, nicht einmal etwas abrahamitisches, sondern sie existiert in allen Kulturen und Religionen. Paulus weicht aber von dieser Idee ab, erst das spätere Christentum greift wieder auf die älteren biblischen Überlieferungen zurück. Erstaunlich, wenn man bedenkt, welche Wertschätzung insbesondere die Lehren des Judengriechen Saulus von Tarsus ansonsten innerhalb des Christentums genießen.

 

Wie aus dem alten Judentum überliefert, geht Paulus bei der Grundbeschaffenheit des Menschen von einer Geist-Leib-Kombi aus. Aber anders als die im Judentum überlieferten Schriften zur Auferstehung der Toten (ein Thema, das interessanterweise erst seit den Propheten offiziell bekannt ist),  geht Paulus nicht von einer leiblichen Auferstehung aus, sondern von einer geistlichen. Die wenigen Anhaltspunkte in den jüdischen Überlieferungen finden wir bei

 

Jesaja 25,8 (- klick); Jesaja 26,19 (- klick); Hesekiel 37,1-14 (- klick); Daniel 12,2 (- klick)

 

Dabei folgen die Autoren dieser Bücher dem auch von Paulus akzeptierten alten jüdischen Gedanken, der Einheit aus Leib und Seele. Das Judentum versteht diese Einheit aber als untrennbar, weswegen bei den Propheten die Toten auch wieder als Leib-Seele-Einheit auferstehen. Paulus jedoch geht von einer rein geistlichen Auferstehung aus. Gemeinsam ist beiden Fraktionen aber der Gedanke, dass sowohl Leib als auch Geist bis zum Tag der Auferstehung oder des Gerichts tot sind und erst dann eine Auferweckung erfolgt.

 

Die Christen sind, wie gesagt anderer Auffassung. Ausgehend von den Überlieferungen zu den angeblichen Erscheinungen des angeblich auferstandenen Jesus sind sie zum Gedanken der Auferstehung aus Leib und Seele zurückgekehrt, obwohl der Apostel Paulus vernünftigerweise anderer Auffassung war, immerhin war ihm bekannt, dass der Leib eines Verstorbenen verwest. Erstaunlicherweise haben sie sich aber auch wieder dem an sich heidnischen Gedanken zugewendet, dass der Geist (bzw. die Seele) als persönliches Individuum, sofort nach dem Tod des Leibes in einer „jenseitigen Welt“ weiterlebt. Dabei müssen nach christlicher Sicht auch alle körperlichen Merkmale noch vorhanden sein, da en Legenden zufolge ein Wiedererkennen im Jenseits möglich ist.

 

Damit ist erst einmal definiert, was die Christen meinen, wenn sie vom Glauben an die Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben sprechen. Allerdings ist damit noch nicht geklärt, ob dieser Glaube überhaupt eine Grundlage hat, ob er mit dem im Vergleich zum Wissen der Menschen in Gründungszeit, bzw. zur Zeit der Abfassung des Apostolikums um 1.600 bis 2.000 Jahre jüngeren und damit entsprechend größeren Wissen überhaupt vereinbar ist.

 

Wie ist das nun mit der Seele-Geist-Einheit (wir sprechen auch vom individuellen Bewusstsein) die den körperlichen Zerfall überleben soll? Was ist überhaupt Geist und was ist Seele?

 

Wenn wir heutzutage von Geist sprechen, meinen wir damit den kognitiven Leistungsbereich des Gehirns, also alles was mit Wahrnehmen, Denken, Bewerten, Lernen usw. zu tun hat;
sprechen wir von der Seele, ist damit der Bereich des psychischen gemeint, der ebenfalls eine Hervorbringung des Gehirns ist: Die Gefühle, Affekte und Emotionen, Träume und Phantasien, Verhaltens- und Handlungssteuerung und auch die Steuerung der Vitalfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Blutdruck oder Verdauung. Nicht unterschätzt werden darf auch die Wirkung der Hormone, deren Produktion und Ausschüttung aeinerseits vom Gehirn (Hypothalamus/Hypophyse)  gesteuert werden und die enormen Anteil an Gefühlen, Stimmungen und Verhaltensweisen haben, andererseits aber auch z.B. die Gehirnaktivität (Aufmerksamkeit, Denkaktivität) pushen.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) Porträt von Jakob Schlesinger

Unsere individuelle Persönlichkeit wird von beidem bestimmt und wird somit ebenfalls  vom Gehirn hervorgebracht. - Wer sich wirklich tief in die Philosophie des Geistes einarbeiten will, findet im Wiki-Portal „Philosophiebibliographie“ (- klick) eine reichhaltige Literaturliste, übrigens auch von Autoren die dezidiert anderer Auffassung sind als ich. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass der hochspannende Bereich der Gehirnforschung noch in den Anfängen steckt, dass aber die nahezu täglich neu hinzukommenden Erkenntnisse der von mir vertretenen Denkrichtung Recht geben:

 

Bereits die Wahrnehmung unseres Selbst als Individuum ist von einem Denkvorgang abhängig. Erst dann, wenn ich meinend auf etwas gerichtet bin, wird mir bewusst, dass ich nicht Teil dieses etwas bin, sondern getrennt von ihm im Raum (den ich auch erst wahrnehmen muss) existiere. Um zu wissen, dass ich bin, braucht es Gehirntätigkeit – ich muss denken. Descartes prägte den altbekannten Satz: Ich denke, also bin ich. Meiner Meinung nach müsste das aber etwas anders ausgedrückt werden, weil nämlich Denken ein reflektorischer Vorgang ist, den ich eben auch erst dadurch wahrnehme, dass ich mich denkend mit einem Etwas befasse. Meine Individualität erschließt sich mir erst im Begreifen der Subjekt-Objekt-Spaltung. Es müsste dementsprechend also heißen: „Ich bemerke, dass ich denke, und ich erkenne daraus, dass ich bin“. Das, was ich bin, erschließt sich mir durch die Wahrnehmung weiterer Objekte; meine individuelle Persönlichkeit und meine Emotionen entwickeln sich einerseits aus organischen, z.B. endokrinologischen Abläufen, andererseits aus meinen Erfahrungen und Denkprozessen.

 

Vgl. dazu auch:

  • Olaf Breidbach „Die Materialisierung des Ichs. Zur Geschichte der Hirnforschung im 19. und 20. Jahrhundert“ ersch. 1997 im Suhrkamp-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 978-3-51828-876-4
  • Michael Hagner „Homo cerebralis. Der Wandel vom Seelenorgan zum Gehirn“, ersch. 2000 bei Insel-Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-4583-4364-4
  • Michael Hagner „Der Geist bei der Arbeit. Historische Untersuchungen zur Hirnforschung“, ersch. 2006 bei Wallstein-Verlag, Göttingen, ISBN 3-8353-0064-4
  • Leonhard Hennen et al. „Einsichten und Eingriffe in das Gehirn. Die Herausforderung der Gesellschaft durch die Neurowissenschaften“ ersch. 2008 bei Edition Sigma, Berlin, ISBN 978-3-83608-124-5

 

Die Idee, ein Mensch würde im Augenblick der Zeugung (oder zu einem X-beliebigen vorgeburtlichen Zeitpunkt) eine fertige Persönlichkeit mit einem Ich-Bewusstsein wie es für ein dann im Falle eines frühen Todes auch „im Jenseits“ existierenden bewussten Ichs notwendig wäre, ist nach jüngeren wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht vereinbar.

Vielmehr kommen wir nicht umhin, festzustellen, dass alles, was unsere personale Bewusstheit ausmacht, Gehirnaktivität ist. Unser vom Gehirn hervorgebrachtes Bewusstsein ist andererseits nicht in der Lage, alle Körperaktivitäten zu kontrollieren – noch bevor wir überhaupt realisieren, dass eine Aktion notwendig ist, hat das Gehirn die fragliche Aktion schon in Gang gesetzt. Sollte die Aktion, bzw. deren Folgen uns physisch/psychisch unangenehm sein, können wir allenfalls lernen, Situationen zu vermeiden, in denen es regelmäßig zu unangenehmen  Aktionen kommt.

Gehirnpathologie (Kleist 1934)

Klare logische Feststellung: Wenn es so ist, dass Seele/Geist, dass unsere personale Bewusstheit Hervorbringungen des Gehirns sind, werden Seele/Geist, wird unsere personale Bewusstheit mit dem Tod des Gehirns erlöschen.

 

Wir können absolut sicher davon ausgehen, dass es eine Auferstehung der Toten nicht geben wird, genausowenig wie eine Wiederkunft Christi und ein jüngstes Gericht oder ähnlichen Unsinn wie ihn das Christentum verbreitet. – Ein ewiges Leben ist dennoch denkbar - und nicht nur durch das, was von jedem von uns jeweils überliefert wird…

 

Dazu nur einmal eine physikalische Regel, die wir alle seit Schulzeiten kennen:

 

Der Energieerhaltungssatz, als eines der wichtigstem Prinzipien der Naturwissenschaft sagt, dass die Gesamtenergie in einem abgeschlossenen System stets konstant bleibt, da die für das System gültigen Gesetze der Physik nicht von der Zeit abhängen. Daraus hat die deutsche Mathematikerin Emmy Noether 1918 das nach ihr benannte Noether-Theorem entwickelt, welches die Verbindung zwischen Symmetrien von physikalischen Naturgesetzen und Erhaltungsgrößen angibt. In der Kurzfassung:  [E(vor)=E(nach)]

 

Ohne jeden Zweifel wirken in unserem Körper/Gehirn messbare Energien, Geist, das Feuer der Neuronen ist Energie, ist fließender Strom, Elektrizität. Und diese Energie geht nicht im Raum verloren. Das ist ein physikalisches Gesetz.

 

Und noch ein Gedanke, der noch dazu bibelkonform ist [vgl. 1. Mose 9, 1-4 (- klick)]:

„Dann segnete Gott Noach und seine Söhne und sprach zu ihnen: ...Furcht und Schrecken vor euch soll sich auf alle Tiere der Erde legen, auf alle Vögel des Himmels, auf alles, was sich auf der Erde regt, und auf alle Fische des Meeres; euch sind sie übergeben. Alles Lebendige, das sich regt, soll euch zur Nahrung dienen. Alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen. Nur Fleisch, in dem noch Blut ist, dürft ihr nicht essen.“

 

Tatsache ist: Alle Lebewesen, egal ob Gras, Mensch, Kakerlake oder Delphin können sich ausschließlich von Lebewesen ernähren. Ohne organische Nahrung sind wir dem Untergang geweiht; Mineralien und Spurenelemente werden lediglich als Nahrungsergänzung zur Steuerung bestimmter Funktionen benötigt. Die Tatsache, dass wir Menschen denaturierte und nach unseren Begriffen „tote“ Lebewesen zu uns nehmen, zeigt, dass auch scheinbar tote Organismen noch leben.
So wie wir unser Leben durch Verzehr anderen Lebens erhalten, dienen wir selbst nach dem Ende unseres bewussten Lebens anderen Lebewesen als Nahrung – meinethalben zunächst den Würmern, dann dem Gras, dann dem Kalb und letztlich unserem Enkelkind, welches am Ende seiner bewussten Existenz anderem Leben als Nahrung dient.

 

Vgl. dazu auch:

  • Utz Thimm, Karl-Heinz Wellmann „Essen ist menschlich. Zur Nahrungskultur der Gegenwart“, ersch. 2003 bei Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main, ISBN 3-5184-5533-8
  • Andreas Hahn et al. „Ernährung.“ Ersch. 2005 bei Wissenschaftliche Verlags-GmbH, Stuttgart, ISBN 3-8047-2092-7

 

Jedem Leben wohnt ein vitaler Funke inne, der nie erlischt – und in einem vermutlich ewigen Kreislauf erhalten bleibt.

 

Und so gesehen kann ich dieser Passage des christlichen Credo zustimmen. Mehr noch:

 

Ich glaube nicht nur an ein ewiges Leben,

ich weiß, dass Leben und Energie ewig sind. - AMEN!

 

 

Hier geht’s nun (zurück) zu den beiden anderen Passagen des christlichen Glaubensbekenntnisses:

 

Ich glaube an Gott (- klick)

 

Ich glaube an Jesus Christus (- klick)


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